Der Steindrucker Hans Ulrich zeigt, was er in den letzten 25 Jahren so alles geschaffen hat.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Dass der Steindrucker Hans Ulrich vor 25 Jahren im Alter von 25 Jahren mit der künstlerischen Steindruckerei angefangen hat, erkennt man daran, dass die Ausstellung, die er sich zum 50. Geburtstag geschenkt hat, in diesem Jahr stattfindet. Zwei Wochenenden war die Schau in der Webergasse 13 in Esslingen schon offen. Zum Webergassenfest ist noch einmal geöffnet. „Längere Öffnungszeiten kann ich mir nicht leisten“, scherzt Ulrich, der anfangs zum runden Geburtstag bloß ein paar Bilder zeigen und hinterher gepflegt feiern wollte.

 

Wer aber eine derartige brillante Auswahl von Künstlern der Region in seinem Archiv hat, der kann eine Menge zeigen. Die Schau ist eine der besten, die in diesem Jahr in Esslingen zu sehen ist. Nicht nur weil sie 40 Künstler mit ihren 40 verschiedenen Stilen zeigt, sondern weil sie auch die ganze Facette der Steindruckkunst präsentiert, von großfarbflächig bis hin zu feinsten Linien, wie sie nur das Medium der Steindruckerei hervorbringen kann. „Farbräume“ nennt sie Hans Ulrich und bezeichnet damit alles, was er an Farbe eröffnen kann, und das ist viel mehr als der gewöhnliche Vierfarbdruck.

Eine Erfindung aus dem 18. Jahrhundert

„Toll, wie ihr in der Zeitung das hinkriegt“, sagt er mit ehrlicher Bewunderung für die Presse, dennoch kein Vergleich zu einer Lithografie, die bis zu zwölf Farben auf das Papier bringt, manchmal allein drei verschiedene Rots, wenn es das Motiv erfordert. Das sind dann nicht nur andere Räume, das sind andere Farbuniversen.

Der Steindruck, oder auch Lithografie, ist eine Erfindung aus dem 18. Jahrhundert, mit der es erstmals gelang, mehrfarbige Bilder auf das Papier zu bannen. Dabei brauchten die Drucker ordentlich Muskelschmalz in den Oberarmen, denn tatsächlich wurde das Motiv in Stein graviert, dann mit Farbe bestrichen, anschließend wurde losgedruckt. Deswegen bedeutet ein künstlerischer Steindruck nicht nur eine Vervielfältigung eines Werks, wie ein Farbdruck in einem Buch, sondern es ist das Werk selbst, eine originäre Zeichnung auf Drucksteinen, die im Zusammenspiel mit dem Drucker entsteht.

Eine Reihe mit Motiven der Stadt

Die Stadt Esslingen ist mit dieser Drucktradition besonders verbunden. Hier war es der Kinderbuchverlag J. F.  Schreiber, der mit Farblithografien ein Vermögen machte. Schreiber hatte den richtigen Riecher, große Künstler und begabte Grafiker mit dieser Druckkunst zusammen zu spannen, so dass er nicht nur unvergessene Kinderbücher wie die Häschenschule und die Wurzelkinder schuf, sondern es auch schaffte, ein Monopol bei Unterrichtsmaterialen in Schulen zu gewinnen.

Der Schreiber-Verlag ist Geschichte, die Druckerei von Hans Ulrich lebt weiter. In bester Schreiberscher Tradition hat er talentierte Künstler angeheuert, die seine Esslinger Reihe gestalten, mit Motiven der Stadt. Ulrich legt Wert auf eine künstlerische Sichtweise der Stadt und nun sieht beispielsweise der Dicke Turm aus, als könnte er die Fernsehserie „Game of Thrones“ bebildern, und die Frauenkirche, wie eine Explosionszeichnung der Gotik.

Hoffentlich wird Hans Ulrich 100 Jahre alt, so dass man die Grafiken noch einmal sehen kann. Man muss nur eben selbst noch die nächsten 50 Jahre schaffen.