Die Landesregierung unterstützt die Esslinger Wengerter. Wer seinen rebsaft in Steillagen anbaut, bekommt mehr Geld.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Die Weingärtner im Kreis Esslingen tun sich schwerer als anderswo, und wer einmal versucht hat, eine Kufe über die bergpfadartigen Weinbergtreppen zu schleppen, der weiß, was heißt, am Schenkenberg Trollinger zu lesen. Die Landesregierung in Gestalt der grünen Landtagsabgeordneten Andrea Lindlohr brachte gestern nun nicht nur frohe Kunde aus der Landeshauptstadt nach Esslingen, sondern auch Geld. Die Regierung hat sich entschlossen, mit einer prozentual sehr hohen Förderung den Wengertern gewissermaßen die Arbeit zu erleichtern: Wer einen Weinberg neu bepflanzt, was nach Auskunft von Albrecht Sohn, dem Vorsitzenden der Esslinger Weingärtner, alle 30 bis 40 Jahre vorkomme, der kann jetzt mit einer einmaligen Förderung von 32 000 Euro pro Hektar rechnen, vorausgesetzt der Weinberg liegt in einer Mauersteillage. Bei Steillagen ohne Mauern, die sich weniger steil erheben, gibt es auch eine Förderung, allerdings eine geringere.

 

Deutlich mehr Geld für die Wengerter

Doch nicht nur das: deutlich erhöht hat die Landesregierung auch den jährlichen Zuschuss für die Bewirtschaftung der Steillagen. Bisher waren das 350 Euro pro Hektar, nun erhalten die Wengerter 900 Euro pro Hektar. Albrecht Sohn lässt keinen Zweifel daran, dass dieses Geld in Esslingen dringend benötigt wird. Durch das Mindestlohngesetz müssen die Wengerter ihren Arbeitern mehr bezahlen, und durch die vielen Arbeitsstunden an den steilen Hängen des Schenkenbergs liegt der Rebensaft von dort ohnehin im oberen Preissegment. Obwohl die prozentuale Erhöhung damit relativ hoch ist, fällt sie in absoluten Zahlen wiederum gering aus. Etwa 18 000 Euro hat Albrecht Sohn errechnet, bekommen die Esslinger Wengerter aus Stuttgart. Schließlich sind ihre Grundstücke relativ klein, die etwa 100 Mitglieder der Genossenschaft bewirtschaften insgesamt 70 Hektar, was also im Durchschnitt 0,7 Hektar pro Mitglied ausmacht.

EU erlaubt keinen unbegrenzten Anbau

Völlig von der Konkurrenz überrannt worden wären die Wengerter, wenn die EU einen Plan verwirklicht hätte, den sie seit vielen Jahren verfolgte: Nämlich die Freigabe der Anbaubeschränkung. „Das wurden jetzt abgewehrt“, sagte Andrea Lindlohr. Angesichts eines unbegrenzten Anbaus in klimatisch und geografisch begünstigteren Ländern hätten den Esslinger Winzern unangenehme Zeiten bevor gestanden. Jetzt werden die Staaten Europas ihre Rebflächen nur um ein Prozent vergrößern dürfen. Aber auch das war den Baden-Württembergern noch zuviel. „Die Landesregierung drängt darauf, dass sich die Rebflächen nur um 0,5 Prozent vergrößern dürfen“, sagte Andrea Lindlohr. Denn nur so könne nach Ansicht des Landwirtschaftsministers Alexander Bonde ein ruinöser Wettbewerb vermieden werden.

Nicht nur die Winzer – „wir bewirtschaften die Steillagen aus Idealismus“, sagt Albrecht Sohn – auch die Stadt, das Landratsamt und das Land unterstützen die Winzer. Gerade die mittelalterlichen Esslinger Weinberge spielen nach Ansicht von Andrea Lindlohr eine weinbaulich, touristisch und ökologisch bedeutsame Rolle für Esslingen. Die gesamte Anbaufläche im Kreis beträgt rund 193 Hektar, 20 Prozent davon liegen in Steillagen.