Mit einer App wollen die Festivalmacher junge Menschen an klassische Kammermusik heranführen.

Esslingen - Henry heißt die neue App, die klassische Musik und thematisch passende Podcasts anbietet. Sie soll den Austausch von Musikliebhabern mit Komponisten und anderen Nutzern ermöglichen. Jede Woche geht es um ein neues Musikstück und ein passendes Begleitprogramm. Was zunächst klingt wie die neueste Start-up-Idee aus Berlin-Mitte, haben die Macher des Esslinger Podium-Musikfestivals entwickelt.

 

Mit dem Ziel, das Repertoire an klassischer und zeitgenössischer Kunstmusik zu erweitern und damit auch ein jugendliches Publikum anzusprechen, haben 2009 junge Musiker und Kunstschaffende das Podium-Musikfestival gegründet. Jährlich veranstaltet die Gruppe das mittlerweile auch international gefeierte Musikfest. „Was wir über Jahre erfolgreich offline gemacht haben, wollen wir nun auch online versuchen“, erzählt Steven Walter, der künstlerische Leiter des Projekts.

Seit Ende Juli ist die App für Smartphone erhältlich

Auf der Suche nach immer neuen Formaten für seine Kammermusik stieß das junge Team um Walter und den organisatorischen Leiter Julian Stahl unweigerlich auf Formen der digitalen Musikvermittlung. So entstand in den letzten Jahren dank finanzieller Unterstützung der Kulturstiftung des Bundes die App Henry.

Seit Ende Juli kann jeder Smartphone-Besitzer Henry über die gängigen Plattformen herunterladen. Wöchentlich erwartet den Nutzer ein ausgewähltes 20 bis 30 Minuten langes Musikstück. Im Unterschied zu anderen Streaminganbietern kann man Henry aber nicht vor- oder zurückspulen und wird so gezwungen, sich komplett auf das Werk einzulassen. Auch aus anderen Gründen ist das Angebot gegenüber dem Abruf von Musik im Internet reizvoll: „Zwar bieten uns die Streamingdienste ein aus Nutzersicht grandioses Angebot. Es ist jedoch schwer, spezielle Musik zu finden und eine Qualitätskontrolle herzustellen. Auch ein Booklet mit weiterführenden Informationen fehlt beim Streaming“, sagt Walter. Deshalb wird jede Woche in Zusammenarbeit mit dem „Van-Magazin“ ein Podcast erstellt, der Hintergründe zum Komponisten und zum Musikstück liefert. Zusätzlich wird dem Nutzer die Möglichkeit gegeben, das Hörerlebnis mit Freunden im Internet zu teilen oder sich weiterführend über eine von Experten zusammengestellte Link-Sammlung zu informieren.

Digitaler Musikkonsum als Impuls für das Liveerlebnis

Die Auswahl ist in Form eines Würfels angeordnet, auf dem das jeweilige Angebot ausgewählt werden kann. „Wir wollten mit Henry eine Identität schaffen, die nicht als Person auftritt, sondern eher hintergründig arbeitet“, erklärt Walter. Für manchen Konzertliebhaber mag die Idee, Klassik nicht live, sondern über das Smartphone anzuhören, befremdlich klingen. Doch Walter glaubt, dass durch den digitalen Musikkonsum ein Impuls gegeben wird, auf den hin die Menschen anschließend ein Konzert besuchen könnten.

Über rund 1000 Aufrufe konnten sich die Verantwortlichen in den ersten Wochen bereits freuen. Bis zum Ende des Jahres sollen drei Staffeln mit jeweils acht wöchentlichen Folgen produziert werden – jede Menge musikalischer Stoff also, den die Nutzer von Henry angeboten bekommen.