Die Galerie der Stadt zeigt bis zum 8. Januar Bilder von Max G. Bailly. Sie ehrt damit einen Mann, der sich durch die Gründung der Freien Kunstschule Nürtingen um die Kultur der Region verdient gemacht hat.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Einatmen – einen Pinselstrich ziehen – Ausatmen. In den vergangenen Jahren hat der Wendlinger Künstler Max G. Bailly zu einer meditativen Art des Arbeitens gefunden, das den Körper in Einklang mit der Kunst bringt. „Atem-Tempel“, „Atem-Insel“, „Atem-Tor“ heißen die Bilder, die in der neuen Ausstellung der Galerie der Stadt Wendlingen zu sehen sind. Und noch ein weiteres Wechselspiel hat der Künstler am Sonntag zur Eröffnung seiner Jubiläumsausstellung selbst beschrieben. Die Struktur eines Samenkorns in der Struktur des Universums wiederzufinden, das ist mehr als das Wechselspiel zwischen Makro- und Mikrokosmos. Es ist der tiefe Glaube an eine Sinnhaftigkeit und daraus abgeleitet die ungeheuer positive Erkenntnis: Nichts was lebt, ist überflüssig, nichts ist unwichtig.

 

Die Ausstellung zum 80. Geburtstag des Künstlers zeigt einen Querschnitt seiner Werke der vergangenen Jahre. Wie sehr Bailly in der Stadt verankert ist, zeigten auch der Besuch des Wendlinger Bürgermeisters Steffen Weigel und die etwa hudert Gäste, die sich in den Ausstellungsräumen drängten. Weigel war es auch, der den Lebensweg des Achtzigjährigen beschrieb.

Max G. Bailly wurde am 1. Dezember 1936 in Frankfurt geboren und erlebte als Kind die Bombennächte in der Stadt. Nach einer Schreinerlehre ging er 1956 an die Werkkunstschule Wiesbaden. Nach seinem Studienabschluss im Bereich Gestaltung kam er in den 70ern zum Stuttgarter Möbelhaus Behr, wo er in der dortigen Galerie assistierte. Zusammen mit K. H. Türk baute er anschließend die Freie Kunstschule Nürtingen auf. Seine Themen in den Achtzigern waren nicht mehr Nachkriegsthemen, aber Themen, die mit dem Faschismus zu tun hatten. Auch Bailly gehörte zu jenen, die das Schweigen der Nachkriegszeit durchbrachen und die Mythen der Adenauer-Ära zerstörten. Bailly wurde bekannt mit seinen Brand-Bildern. Er erhob das Feuer zur Kunst und die Asche, die sie hinterließ. Er erinnerte an das Morden in Auschwitz und griff damit auch seine Eltern an, die als ehrbare Bürger mit der faschistischen Vergangenheit nichts mehr zu tun haben wollten.

Als Dozent konnte er auf seine Erfahrungen aus der in der Bauhaustradition stehenden Wiesbadener Werkkunstschule zurückgreifen. Unter seiner Ägide wurde die Kunstschule nach der Akademie in Stuttgart zur ersten Künstleradresse der Region und machte die Stadt Nürtingen in ganz Süddeutschland bekannt.

Genauso wichtig wie diese Ausstellung ist der Katalog, den unter anderem die Galeristin Susanne Lüdtke verfasst hat. Darin findet sich ein großer Teil seines künstlerischen und gedanklichen Vermächtnisses.