Knapp 800 000 Euro hätte es in die Stadtkasse einspielen sollen. Doch für das Gebäude Hafenmarkt 2 hat sich kein Käufer gefunden. Jetzt werden dort Büroarbeitsplätze für die Stadtverwaltung eingerichtet.

Esslingen - Die Stadt Esslingen trennt sich nun doch nicht von dem Gebäude Hafenmarkt 2. Für das im Rahmen des Gesamtensembles Innenstadt denkmalgeschützte Haus, das als Teil der ältesten noch erhaltenen Fachwerkzeile in Deutschland gilt, hat sich kein Käufer gefunden. Das geht aus einer jetzt von der Stadtverwaltung veröffentlichten Pressemitteilung hervor.

 

Weil der Gemeinderat jedoch nahezu zeitgleich sein Einverständnis zur Schaffung von acht zusätzlichen Personalstellen gegeben hat und Büroraum in der Innenstadt ein rares Gut ist, wird das Gebäude nun vorübergehend von der Stadtverwaltung genutzt. Das Ladengeschäft im Erdgeschoss soll in der Übergangszeit kurzfristig vermietet werden.

Gebote deutlich unter dem ermittelten Gebäudewert

„Der Gutachterausschuss hat einen Gebäudewert von 790 000 Euro ermittelt. Die Angebote, die wir bekommen haben, lagen jedoch deutlich darunter“, sagt Roland Karpentier, der Sprecher der Stadtverwaltung. Das Gebäude war vom 7. April bis zum 31. Mai auf dem Markt. Nachdem mehrere Interessenten das Haus besichtigt hatten, wurden letzten Endes zwei Kaufgebote abgegeben. Ursprünglich hatte die Verwaltung erwogen, das Gebäude noch einmal auszuschreiben. Der sich abzeichnende Büroengpass hat den Plan durchkreuzt.

Vorerst zumindest, denn die vom Gemeinderat zusätzlich genehmigten Stellen sind auf zunächst fünf Jahre befristet. „Sollte sich für die Unterbringung der Beschäftigten kurzfristig eine andere Lösung abzeichnen, bleibt der Plan, das Gebäude zu veräußern, bestehen“, heißt es in der Pressemitteilung. Die sei spätestens in fünf Jahren der Fall. Im Esslinger Rathaus geht man davon aus, dass dann die Stellen, die bei der Anschlussunterbringung und der Betreuung für Menschen auf Flucht geschaffen worden sind, nicht mehr benötigt werden.

Keine Raumreserven mehr in der Innenstadt

Dem Beschluss, von dem der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats inzwischen in Kenntnis gesetzt worden ist, ging eine detaillierte Erhebung der Raumreserven voraus. Die Untersuchung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst durch das Zusammenrücken von Schreibtischen in bestehenden Büros nicht genügend Arbeitsraum zur Verfügung stehen würde, um die neu geschaffenen und dem Ausländeramt zugeordneten Stellen unterzubringen. „Die externe Anmietung von Büroräumen in der Innenstadt ist auch nicht in Frage gekommen, weil sie mit einem zu großen finanziellen und technischen Aufwand verbunden gewesen wäre“, sagt Karpentier.

Das Gebäude Hafenmarkt 2 ist in den 1970er-Jahren abgerissen und danach neu wieder aufgebaut worden. Während die Innenräume den Ansprüchen einer Büronutzung entsprechend gestaltet wurden, ist die Fassade nach dem alten Vorbild des im Jahr 1320 errichteten Vorgängerbaus wieder rekonstruiert worden.

In dem Gebäude hatte zuvor die Künstlergilde Esslingen ihre Geschäftsstelle unterhalten. Deren Mietvertrag war am 31. Dezember 2015 ausgelaufen und ist einmalig bis zum 31. Mai verlängert worden. Inzwischen hat die 400 Mitglieder zählende Gilde, die ihre Aufgabe darin sieht, die Tradition der deutschen Kulturlandschaften im Osten und Südosten Europas lebendig zu erhalten, im Gebäude Hafenmarkt 11 eine neue Heimat gefunden.