Busunternehmen kritisieren das Esslinger Landratsamt wegen seiner Vergabepolitik zur Beförderung behinderter Schüler zur Rohräckerschule. Die Behörde hat die Leistung ausgeschrieben und einer Mannheimer Firma den Zuschlag gegeben.

Esslingen - Das Landratsamt Esslingen hat die Beförderung von Schülern zur Rohräckerschule auf dem Esslinger Zollberg für das laufende Schuljahr anderweitig vergeben. Einen Großteil der Touren aus den Kreisen Esslingen und Göppingen bietet seit 15. September der in Mannheim ansässige Dienstleister Köhler-Transfer an. Unternehmen und Vereine, die die behinderten Kinder und Jugendlichen seit vielen Jahren zu der Förderschule und wieder nach Hause gefahren hatten, wurden nach einer Ausschreibung nicht mehr berücksichtigt. Aus ihrer Enttäuschung und ihrem Unmut über die Vergabepraxis der Behörde machen sie keinen Hehl. Das Landratsamt betont hingegen, rechtlich einwandfrei gehandelt zu haben.

 

„Völlig stillos“ nennt jedoch Guido Trick, der Geschäftsführer der Göppinger Firma Trick-Reisen, das Vorgehen des Landratsamts. Dieses habe die seit vielen Jahren bestehenden Verträge im November vergangenen Jahres gekündigt, „ohne mit uns vorab das Gespräch zu suchen“. Schließlich sei seit langer Zeit stets zuverlässig und mit der für diesen Bereich erforderlichen Sensibilität und Flexibilität gearbeitet worden. Guido Trick und einige ebenso ausgebootete Kollegen hatten sich deshalb bei der Vergabekammer über die Ausschreibung beschwert und vor dem Oberlandesgericht geklagt – ohne Erfolg.

Kündigung von Fahrern und Begleitpersonen

Für Guido Trick, der aktuell nur noch acht statt bisher 13 Touren zur Rohräckerschule und zurück fährt, ist die Intention der Ausschreibung klar: „Es geht nur ums Geld“, das Wohl der Kinder stehe nicht im Mittelpunkt. Tricks Kollege Volker Allmendinger, der Chef von Allmendinger-Reisen in Göppingen, ist nach der Ausschreibung gänzlich leer ausgegangen. Kriterien wie „Erfahrung und Zuverlässigkeit“ hätten in der Ausschreibung offenbar keine Rolle gespielt. Die Behörde habe im Umgang miteinander selbst den „geringsten Anstand“ vermissen lassen. Trick und Allmendinger bedauern zudem, dass sie Teilzeitbeschäftigten – Fahrern und Begleitpersonen – hätten kündigen müssen.

Der Kreisverband Nürtingen-Kirchheim des Roten Kreuzes ist bei der Vergabe für das Interimsjahr bis zum Schuljahresende 2015 ebenfalls nicht mehr berücksichtigt worden. Der Geschäftsführer Klaus Rau bedauert ebenfalls, dass sogenannte „weiche Faktoren“ wie das Vertrauensverhältnis der Kinder zu den Fahrern und Betreuern bei der Entscheidung des Landratsamts keine Rolle gespielt hätten. Tatsächlich berichtet Guido Trick, ein autistisches Kind beispielsweise habe sich zum Schuljahresbeginn geweigert, in das für ihn fremde Fahrzeug mit dem unbekannten Fahrer einzusteigen. Daraufhin hätten sich die Eltern beim Landratsamt beklagt, welches dann ihn gebeten habe, das Kind auf einer seiner Touren mit dem bewährten Personal abzuholen.

Absprachen werden bestritten

Angelika Rivinius die bei der bundesweit agierenden Firma Köhler-Transfer für den Bereich Baden-Württemberg zuständig ist, bestreitet den „holprigen Start“ nicht. Doch seien dem auf die Beförderung behinderter Menschen spezialisierten Unternehmen aufgrund der späten Zusage durch das Landratsamt lediglich drei statt üblicherweise sechs bis sieben Wochen zur Vorbereitung verblieben. Einige Anstrengungen seien notwendig gewesen, um die Organisation so kurzfristig auf die Beine stellen zu können. Dem Vorwurf einiger ausgebooteter Dienstleister, KöhlerTransfer habe den Zuschlag erhalten, weil es aufgrund von Lohndumping geringere Personalkosten habe, widerspricht Rivinius. Die Fahrer bekämen den in der Ausschreibung geforderten Mindeststundenlohn von 8,50 Euro und für die An- und Rückfahrt zu den Touren rund 4,50 Euro. Behauptungen, die Fahrer müssten für Schäden an den Fahrzeugen selbst aufkommen, bezeichnet sie als „Blödsinn“. Die 36 im Einsatz befindlichen Kleinbusse seien vollkaskoversichert. Ein günstiges Angebot habe Köhler-Transfer deshalb abgeben können, weil es aufgrund seiner großen Zahl an Fahrzeugen vom Lieferanten äußerst günstige Leasingkonditionen erhalte. Eine von den Nichtberücksichtigten vermutete Absprache mit dem Landratsamt über ein längerfristiges Engagement über das Interimsjahr hinaus gebe es zudem nicht, erklärt Rivinius.

Das beteuert auch Peter Keck, der Sprecher des Landratsamts. Er erklärt, die Ausschreibung für die Schülerbeförderung sei „seit Jahren ein Thema“ gewesen. Deshalb hätten die bisher dafür zuständigen Unternehmen und Vereine von der Kündigung ihrer Verträge nicht überrascht sein können. Die Behörde sei gesetzlich verpflichtet, sich an das Vergabe- und das EU-Recht zu halten und diese Leistung auszuschreiben, um „das wirtschaftlichste Angebot“ auszuwählen. Langjährige Verbindungen und eine gute Zusammenarbeit „dürfen dabei keine Rolle spielen“. Die Qualität leide darunter nicht, so Keck. Sie werde durch die in der Ausschreibung vorgegebenen und von den Bewerbern einzuhaltenden Kriterien gesichert. Dass zunächst eine Interimslösung für ein Jahr habe getroffen werden müssen, sei durch das Klageverfahren verursacht worden. Die erforderlichen Fristen hätten dadurch nicht eingehalten werden können. Doch sei die Schülerbeförderung für die folgenden vier Jahre bereits ausgeschrieben.