Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann verspricht den Ausbau der Kreuzungen bis Ende des Jahres 2018. Oberbürgermeister Jürgen Zieger vermisst hingegen „konkretere Zusagen“ und fordert eine schnellere Umsetzung.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Unterschiedlicher kann die Bewertung eines gemeinsamen Gesprächs kaum ausfallen. Während der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann gestern verkündet hat, dass der „Ausbau der Straßenknotenpunkte rechtzeitig zur Festo-Erweiterung fertig ist“, sagt der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger: „Der Ausbau der Knotenpunkte an der Landesstraße 1192 rückt in weite Ferne.“

 

Zieger sieht durch das Verhalten der Landesregierung sogar „die nächste Ausbaustufe der Firma Festo gefährdet“.

Ausbau bis 2018 versprochen

In dem Gespräch ging es um die Beteiligung des Landes am Ausbau der insgesamt acht Knotenpunkte entlang Landesstraße zwischen der Autobahn-Anschlussstelle Esslingen und der Bundesstraße 10 in Esslingen. Teilnehmer waren neben Kretschmann und Zieger auch der Landesverkehrsminister Winfried Hermann und der Festo-Vorstandschef Eberhard Veit.

In einer Pressemitteilung des Staatsministeriums wird Kretschmann mit dem Satz zitiert: „Der Ausbau der Knotenpunkte ist rechtzeitig zum Abschluss der Erweiterung des Betriebsgeländes von Festo 2018 fertig.“ Der Verkehrsminister habe erklärt, dass das Land „seine Verantwortung für die Bereitstellung einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur sehr ernst“ nehme. Bereits Anfang des Jahres sei ein Zeitplan für den Ausbau der Knotenpunkte erarbeitet worden. Demnach solle mit den Arbeiten im kommenden Jahr begonnen werden. 2017 soll das Projekt abgeschlossen sein.

Nur minimale Haushaltsmittel im Landeshaushalt

An dieser Zusage hat der Esslinger Oberbürgermeister erhebliche Zweifel. In einer Pressemitteilung der Stadt wird zwar auch die grundsätzliche Zusage Kretschmanns erwähnt, „die notwendige weitere Entwicklung von Festo zu unterstützen“. Gleichzeitig hätten der Ministerpräsident und der Verkehrsminister aber betont, dass für den Ausbau der Knotenpunkte in den Jahren 2014 und 2015 nur „minimale Haushaltmittel zur Verfügung“ stünden. Für die wichtigsten und teuersten Anbindungen, den so genannten Festo-Knoten (voraussichtliche Kosten 3,6 Millionen Euro) direkt beim Firmengelände und den Anschluss an die Bundesstraße 10 (3,7 Millionen Euro), würden erst vom Jahr 2016 an Mittel in Aussicht gestellt. Gleichzeitig habe der Verkehrsminister der Stadt eröffnet, dass Geld für die Kreuzung Nellinger Linde zwischen dem Stadtteil Zollberg und Ostfildern-Nellingen überhaupt nicht beantragt worden und damit auch nicht vorhanden sei. Allein der Umbau dieser Kreuzung soll 2,3 Millionen Euro kosten.

Jürgen Ziegers Fazit: „Mit den von Verkehrsminister Hermann vorgetragenen Zeitplänen kann die beabsichtigte Planung der Ausbaustufen der Firma Festo nicht realisiert werden.“ Sollten sie gelingen, müssten die „Straßenbaumittel bei der Landesregierung erheblich höher und früher veranschlagt werden“. Weiter heißt es in der Pressemitteilung der Stadt wörtlich: „Jürgen Zieger und der Erste Bürgermeister Wilfried Wallbrecht hätten sich konkretere Zusagen gewünscht und zeigten sich wenig erfreut über die Verweise von Verkehrsminister Winfried Hermann auf zukünftige Beratungen.“

Kein Kommentar von Festo

Das liest sich in der Stellungnahme des Staatsministeriums ganz anders. Dort heißt es: „Oberbürgermeister Dr. Zieger und der Vorstandsvorsitzende Dr. Veit zeigten sich erfreut über die Zusage des Landes. Die Firma Festo habe damit Planungssicherheit und könne die Erweiterung des Betriebsgeländes jetzt mit Nachdruck vorantreiben.“ Festo hat es gestern abgelehnt, das Gespräch beim Ministerpräsidenten zu bewerten. Auch kommentiere man grundsätzlich keine Pressemitteilungen Dritter, erklärte der Festo-Sprecher Heinrich Frontzek.

Kommentar: Das Land ist jetzt in der Pflicht

Auf den ersten Blick erscheint es ungewöhnlich, dass sich der Ministerpräsident eines Bundeslands mit einem Oberbürgermeister zusammensetzt, um über ein Projekt zu sprechen, das zunächst einmal kommunale Auswirkungen hat. Denn von der geplanten Erweiterung bei Festo profitiert vorrangig die Stadt Esslingen. Doch der Ausbau des Festo-Stammsitzes mit einem neuen, spektakulären Verwaltungshochhaus und – in der zweiten Ausbaustufe – dem Bau eines Entwicklungs- und Technologiezentrums für bis zu 2500 Mitarbeiter ist längst auch auf Landesebene zu einem Politikum geworden.

Denn bei der Frage, welchen Beitrag das Land zu welchem Zeitpunkt bei der Ertüchtigung der Verkehrsknoten entlang der Landesstraße 1192 zwischen der Autobahnanschlussstelle Esslingen und der B 10 leisten soll, gab es zuletzt deutliche Unterschiede zwischen den Regierungsparteien. Der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hat sich mit Nachdruck für den zeitnahen Ausbau der Landesstraße ausgesprochen. Im Interesse des Wirtschaftsstandorts müsse man die Planungen zügig vorantreiben. Deutlich zurückhaltender hat hingegen der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann reagiert.

Haben die Politiker aneinander vorbei geredet?

Ob sich an der Sicht des Landes nach dem Gespräch zwischen Oberbürgermeister Jürgen Zieger und Ministerpräsident Winfried Kretschmann etwas geändert hat, ist unklar. Das Staatsministerium hat gestern noch einmal betont, man sei am Montag den Wünschen der Stadt ein großes Stück entgegengekommen. Schließlich habe Kretschmann den Ausbau der Verkehrsknoten bis zum Jahr 2018 in Aussicht gestellt. Zieger hingegen will lediglich wohlwollende Worte und keine konkreten Zusagen des Landeschefs gehört haben. Er reagiert ausgesprochen verärgert und sieht sogar den Festo-Ausbau durch das angeblich zögerliche Verhalten gefährdet.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die beiden Politiker ziemlich aneinander vorbei geredet haben. Ganz unabhängig davon steht das Land nun in der Pflicht, seine Zusagen zu halten. Das Festo-Projekt darf weder unter den aktuellen politischen Unstimmigkeiten zwischen den Regierungsparteien noch jenen zwischen der Stadt und dem Land leiden.