Am Jägerhaus wird es keine Windräder geben. Die seit einem Jahr laufenden Messungen haben ergeben, dass sich die Windkraft nicht lohnt. Deswegen stoppen die EnBW und die Stadtwerke das Projekt.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Der baden-württembergische Windatlas hat die Windhöffigkeit auf dem Schurwald zu optimistisch eingeschätzt. Statt der dort vorhergesagten 6,5 Meter pro Sekunde Windgeschwindigkeit im Jahresmittel wehen lediglich fünf Meter pro Sekunde. Das ist zu wenig, als dass sich die Windkraft für die Projektpartner EnBW und Stadtwerke Esslingen am Standort beim Jägerhaus noch lohnen würde. Deswegen wird das Projekt gestrichen, wie am Mittwoch bekannt wurde.

 

In einer Pressekonferenz bei den Stadtwerken haben der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger und Manfred Volker Haberzettel vom Energieversorger EnBW die Ergebnisse bekanntgegeben. Auch wenn es ein Tiefschlag ist, für die EnBW sei dieses Ergebnis letztlich das „normale Projektgeschäft“, wie Haberzettel betonte. Alles in allem hatten die Beteiligten Unkosten in Höhe eines „niedrigen sechsstelligen Betrages“, wie Haberzettel sagte.

Er will jedoch keine Voraussagen über die anderen geplanten Windkraft-Standorte auf dem Schurwald treffen. Ob genug Wind wehe, hänge sehr stark von den lokalen Gegebenheiten ab.

Mit großem Elan hatte der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger den Windpark verfolgt. Eine Projektgesellschaft aus den Stadtwerken und der EnBW sollte ihn umsetzen. Schwierig genug war es, einen Standort zu finden, der die Interessen der Nachbarkommunen Aichwald oder auch Plochingen berücksichtigte. Nachdem ein Platz nördlich der Römerstraße in der Nähe des Jägerhauses gefunden war, wurde im Mai des vergangenen Jahres ein Windmessmast errichtet, der die benötigten Daten lieferte.

Die Vorstellung von 140 Meter hohen Windrädern auf dem Schurwald haben die Mitglieder der Initiative Pro Schurwald mit Grausen erfüllt. Michael Haueis, der Sprecher von Pro Schurwald, hat stets auf die „dramatische Verschlechterung der Wohn- und Lebenssituation“ der Schurwald-Bewohner hingewiesen. Für ihn war der Grenzabstand von 700 Metern viel zu wenig, um mögliche Beeinträchtigungen durch die Windräder auszuschließen. Nicht nur in Esslingen, auch auf dem Goldboden zwischen Winterbach und Plochingen haben sich die Investoren zurückgezogen. Damit sind von zehn möglichen Standorten auf dem Schurwald nur noch acht übrig. Das Fazit von Michael Haueis: „Baden-Württemberg ist kein Windland. Hier Windräder zu errichten ist so sinnvoll, wie in Alaska Wein anzubauen.“

Den Windatlas hat der Tüv Süd im Auftrag des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums erstellt. Ausdrücklich weist der Tüv darauf hin, die darin ausgewiesene Windhöffigkeit sei das Ergebnis von Berechnungen. „Wir haben immer gesagt, dass man am einzelnen Standort messen muss“, betont Thomas Oberst von der Pressestelle des Tüv Süd.

Das Projekt ist gestrichen, aber nicht ersatzlos, denn nicht nur die Windkraftgegner zeigen eine gewisse Hartnäckigkeit. Oberbürgermeister Jürgen Zieger hält daran fest, das Klimaziel der Stadt Esslingen zu verwirklichen und bis zum Jahr 2020 den Kohlendioxid-Ausstoß um ein Viertel zu verringern. Deswegen haben sich die Stadtwerke für 2,6 Millionen Euro in den Windpark Klosterwald bei Creglingen (Main-Tauber-Kreis) eingekauft. Dort sollen im Auftrag der Stadt einmal 10,8 Gigawatt Strom erzeugt werden. Das entspricht einer Strommenge, die 7200 Personen im Jahr verbrauchen.

– Debatte über Windkraft