In der Friedrich-Ebert-Schule sind die Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien für die Bundestagswahl erstmals aufeinandergetroffen. Dabei gab es Visionäres zu hören.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die Aufregung um die Ehe für alle kann Martin Auerbach nicht so recht nachvollziehen. „Ehe ist doch eine erzkonservative Sache“, sagt der Esslinger Bundestagskandidat der Linken. Er selbst sei bisher 41 Jahre ganz gut ohne Ehe klargekommen: „Aber alle, die unbedingt in welcher Konstellation auch immer heiraten wollen, sollen es ruhig tun.“

 

Es ist mittlerweile schon fast Tradition: Alle vier Jahre trommelt Peter Schmid, der Gemeinschaftskundelehrer der Friedrich-Ebert-Schule die Esslinger Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien zur Eröffnung des Bundestagswahlkampfes zusammen. So viel Zuspruch wie am Mittwoch werden der Nürtinger CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich, der seinen Esslinger Kollegen Markus Grübel vertrat, sowie seine Herausforderer Regina Rapp (SPD), Stefanie Reinhold (Die Grünen/Bündnis 90) und Martin Auerbach in den nächsten Wochen wohl nur selten erleben. Rund 200 Schüler füllten den Saal bis auf den letzten Platz. Sie verteilten großzügig und weitgehend gleichmäßig ihren Applaus und stellten interessante Fragen, zu Themen, die Jugendliche heute gerne von Politikern beantwortet hätten.

Thema Legalisierung von Haschisch

Dabei ging es nicht nur um die Legalisierung von Haschisch. Eine kontrollierte, mengenmäßig begrenzte Abgabe etwa durch Apotheken an einen registrierten Personenkreis hält Michael Hennrich für denkbar. Regina Rapp will zu diesem Thema zunächst einen gesellschaftlichen Diskurs führen. Stefanie Reinhold wiederum verkündete, die Freigabe an Personen über 18 Jahren sei Teil des Wahlprogramms der Grünen. Die Maßnahme diene der Qualitätskontrolle und solle die Drogenkriminalität verringern. Einen vollkommen anderen Ansatz wählte Martin Auerbach: Zwar hätten die Linken seines Wissens nach die Forderung nach Freigabe ebenfalls im Programm: Auerbach: „Für mich stellt sich aber vielmehr die Frage: Wie kriegen wir eine Welt hin, in der wir leben können, ohne Cannabis oder Alkohol zu brauchen.“

Auch günstige Mietwohnungen interessieren die Berufsschüler

Auf mindestens genauso großes Interesse bei den Berufsschülern stieß die Frage, welche Vorschläge die Kandidaten haben, um Menschen mit geringerem Einkommen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. Die Mietpreisbremse sei der falsche Weg, erklärte Michael Hennrich. Vielmehr müsse der Staat mit steuerlichen Anreizen, dem Verzicht auf die Grunderwerbssteuer und mehr Wohngeld für Geringverdiener Anreize schaffen, damit der Mietwohnungsbau wieder angekurbelt werde. Regina Rapp forderte mehr Wohnraum in öffentlicher Hand, damit auch diejenigen, die knapp über der Armutsgrenze liegen, in der Region bezahlbare Wohnungen finden könnten. Stefanie Reinhold wiederum setzt auf eine Mietpreisbremse gepaart mit steuerlichen Anreizen. Martin Auerbach plädierte dafür, alternative Wohnformen auszuprobieren.

Am Schluss sollten alle Kandidaten dann noch verraten, wie viel Prozente sie am 24. September erwarten. Demnach gäbe es einen überraschenden Sieger: Während Reinhold 12 Prozent, Rapp 30 Prozent und Hennrich 39 Prozent erwarten, setzt Auerbach auf 60 Prozent für die Linke.