Michael Merten macht Hüte. Für seine nachhaltigen Arbeiten hat er einen Preis von der Deutschen Forstwirtschaft bekommen. Dass er überhaupt in der Modisterei landen würde, hätte er nach der Schule nicht gedacht.

Esslingen - Da sucht die Deutsche Forstwirtschaft nachhaltig arbeitende Handwerker und was findet sie? Einen Hutmacher. Neben zwei Tischlerinnen hat es der Esslinger Michael Merten mit seinen Gesellenstücken auf das Siegertreppchen beim Nachhaltigkeitspreis des Deutschen Forstwirtschaftsrates geschafft und damit auch die bei der Preisverleihung anwesenden Förster überrascht. „Man denkt halt bei so einem Wettbewerb nicht an Hüte“, sagt Michael Merten.

 

An Hüte gedacht hat Merten zunächst selbst nicht, als er seine Mittlere Reife abschloss. „Ich habe zwar schon immer gern genäht und gebastelt, habe aber trotzdem nach der Realschule eine Lehre zum Bürokaufmann gemacht“, sagt der heute 32-Jährige. Danach folgten Jahre als Luftsicherheitsassistent am Flughafen, bis er sich dann doch für eine kreative Laufbahn entschied. Im Arbeitsamt wühlte er sich durch Ordner mit kreativen Berufen und stieß auf den des Modisten. „Vorher wusste ich gar nicht, was das ist“, gibt er zu.

Die Antithese zu grellen Billigklamotten

Er machte ein Praktikum bei der Esslinger Modistin Birgit Sophie Metzger. Die Hutmacherin erkannte sein Talent und bot ihm eine Ausbildungsstelle an. Sein Glück, denn die Modisterei stellte sich als sein Traumberuf heraus. „Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, man kann mit allen Materialien arbeiten“, sagt er.

Die Materialien seiner Gesellenstücke – Filz, Sisal, Halbleinen – sind allesamt biologisch abbaubar, aber das allein hätte für den Preis wohl nicht gereicht. Ein paar Argumente musste Michael Merten den Juroren noch liefern. Doch da er von der Ausschreibung zu dem Wettbewerb erst nach seiner Gesellenprüfung erfahren hatte, konnte er sie nicht mehr anpassen. Er musste sich also Gedanken machen, was an seinen Hüten sonst noch nachhaltig ist. „Die Tischler mit ihren Holzmöbeln haben es da leichter“, sagt er.

Ganz so schwierig war es dann aber nicht, auch die Jury ließ sich überzeugen. Seine Arbeiten sind die Antithese zu schlecht verarbeiteten Klamotten aus Kunstfasern in grellen Farben, die nach einer Saison im Müll oder in der Altkleidersammlung landen: Sie sind aus Naturmaterialien, schwarz – „ eine zeitlose Farbe, die man unabhängig von Modeerscheinungen immer tragen kann“, sagt Merten – , und sie sind von Hand gearbeitet. „Durch die Handarbeit sind die Hüte langlebiger, und wenn sie mal aus der Form geraten oder der Strohhut einen Halm verliert, lassen sie sich reparieren“, erzählt er. Den Filzhut könne man, wenn man ihn vor Motten schütze, jahrzehntelang tragen und immer wieder aufarbeiten lassen.

London oder Paris stehen auf dem Plan für die Zukunft

Michael Merten will seinen Traumberuf auch künftig weiter ausbauen. Noch arbeitet er in dem Laden in der Webergasse, doch es zieht ihn in die Ferne. Nach London oder Paris will er, für ein paar Monate, um andere Techniken zu lernen und neue Ideen zu sammeln. Danach will er seinen Meister machen – er hat beste Voraussetzungen für eine große Karriere, vor allem als Mann. „Berühmt werden vor allem die männlichen Hutmacher“, sagt Mertens Ausbilderin Birgit Sophie Metzger, obwohl die Kreativarbeit der Modisterei eigentlich eher eine Frauensache sei.

„Mein Vater hatte mir damals geraten, beim Flughafen zu bleiben“, erzählt Merten. Heute sei er froh, dass er nicht auf ihn gehört habe, und seine Eltern seien „wahnsinnig stolz“. Nach den Jobs im Büro und am Flughafen sei das nun das Richtige. Aber manchmal denke man eben nicht an Hüte, jedenfalls nicht sofort.