Die kleinste schwedische Prinzessin Estelle hat Geburtstag. Den ersten. Der Hof gratuliert mit einer Ausstellung und Postkarten, die Boulevardpresse hat sogar einen Bildband veröffentlicht – mit Texten aus ungewöhnlicher Perspektive.

Stockholm - Ein Bilderbuch mit den Fotos des ersten Lebensjahres zählt zu den beliebtesten Geschenken für einjährige Babys. Schwedens Prinzessin Estelle muss ihres mit Zehntausenden von Landsleuten teilen. Die Boulevardzeitung „Expressen“ hat zum ersten Geburtstag des Prinzesschens am Samstag einen 132 Seiten dicken Bildband erstellt, den sie ihren Lesern für 69 Kronen (acht Euro) verkauft. In imaginärer Ich-Form berichtet Estelle darin von ihrer Taufe, vom Sommer mit Oma Silvia oder vom Besuch von Tante Madeleine, reich versehen mit bisher noch nicht veröffentlichten Fotos. Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel waren am Zustandekommen des Buchs nicht beteiligt, sollen aber vom Resultat durchaus angetan sein, teilt „Expressen“ mit.

 
Die Zeitung ist auch nicht die einzige, die das Kind kommerziell verwertet. Pünktlich zum Jahrestag gibt es Estelle nun auch als Postkarte in mehreren Motiven, teils alleine, teils mit Eltern und Großeltern, zu kaufen vorerst ausschließlich im Kiosk des Königsschlosses. Dort läuft auch noch ein paar Wochen lang die Ausstellung „Prinzessin Estelle – Geburt und Taufe“, in der Neugierige für ein Eintrittsgeld von 60 Kronen neben Fotos und Videoclips Devotionalien wie die Taufschale, das Taufkleid sowie eine Auswahl der Geschenke zur Geburt bewundern können.

Und wer wird das „fantastische“ neue Kindermädchen?

Als Original hingegen bekommen die Schweden Estelle selten zu sehen, denn die Eltern bemühen sich, die Kleine abzuschirmen. Victoria, früher die Eifrigste im Königshaus, hat ihren Kalender ausgedünnt und nimmt nur wenige Termine wahr. Eine Reise zu den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften lässt sich die Familie allerdings nicht entgehen. Ins Schloss Haga, wo Victoria und Daniel seit ihrer Hochzeit wohnen, wird wohl bald auch ein neues Kindermädchen einziehen. Bei einer englischen Agentur für Super-Nannys hat eine anonyme schwedische Familie jedenfalls eine Stellenanzeige geschaltet, die infolge der Hofexperten der schwedischen Medien nur auf die Royals von Haga gemünzt sein kann. Darin wird ein „fantastisches Kindermädchen“ gesucht, warm, engagiert, aktiv und flexibel. Für die „guten Wohnverhältnisse“ und einen Wochenlohn von 600 Pfund muss die Bewerberin bereit für Überstunden und Auslandsreisen sein und Diskretion garantieren: kein Bloggen aus der Familie, keine Fotos in sozialen Medien. „Das Privatleben ist wichtig für die Familie“, heißt es in der Job-Beschreibung.

Dabei scheut sich die Familie durchaus nicht, das Netz für ihre Zwecke zu nutzen. Die Bilder, die Daniel von seiner Tochter auf der Seite des Hofes veröffentlichte, waren ebenso Renner wie das Filmchen von Prinzessin Madeleine über ihre Verlobung.

Statt Geschenke sollen die Gratulanten lieber spenden

Die neue Nanny ist wohl als Hilfe für die Kinderfrau Elisabeth Zimmermann gedacht, die schon die kleine Victoria während deren erster zwölf Jahre betreute. Sie bleibe bei der Familie, versichert der Hofsprecher Bertil Ternert. Zimmermann war die erste, die „ganz die Mama“ ausrief, als sie die neugeborene Estelle sah. Davon können sich nun die Schweden ein Bild machen, wenn sie das Fotoalbum betrachten, dessen rosaroten Umschlag die Prinzessin im roten Kleidchen und mit roter Schleife im schütteren Haar ziert: die vermutlich nächste und übernächste Königin gleichen einander auf ihren jeweiligen Babyfotos wie ein Ei dem anderen.

Den ersten Geburtstag soll Estelle in familiärem Rahmen feiern, noch glücklich unwissend über das Tamtam, das dem Mädchen später drohen wird. Anstelle von Geschenken bitten die Eltern um Spenden für ihre Hochzeitsstiftung, die sich um aus der Bahn geworfene Kinder kümmert. Später in diesem Jahr wird Estelle zwar nicht Hauptperson, sicher aber umjubelter Mittelpunkt von weiteren königlichen Festen sein, wenn im Juni ihre Tante Madeleine heiratet und im September ihr Opa Carl Gustaf den 40. Jahrestag seiner Thronbesteigung begeht.

Das sind Ereignisse, mit denen das Königshaus seine angeschlagene Reputation wieder aufrichten will. Ein strahlender Goldklumpen auf Schloss Haga kann dabei nur von Nutzen sein – auch wenn das „Estelle-Fieber“ in Schweden ausgeblieben ist. Wer einen Boom dieses in Nordeuropa höchst seltenen Namens erwartet hatte, wurde jedenfalls enttäuscht. Im gesamten Jahr 2012 wurden außer der Prinzessin nur 54 weitere Mädchen Estelle getauft. Im Jahr davor, als noch niemand wusste, wie das Königskind einmal heißen würde, waren es immerhin 65.