Leicht waren ihre ersten Etatgespräche als Verteidigungsministerin für Ursula von der Leyen nicht. Aber ihr wesentliches Verhandlungsziel hat sie erreicht.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Haushaltsgespräche sind immer Stresssituationen für die Minister, und für Ursula von der Leyen ist der Etat für das kommende Jahr da gewiss keine Ausnahme. Immerhin hat sie mit einer ganzen Menge, zum Teil gegensätzlicher Finanzprobleme zu kämpfen. Einerseits kann das Verteidigungsministerium – wieder einmal – hohe Millionensummen nicht abrufen, weil sich große Rüstungsprojekte verzögern. Diese Situation versetzt Haushaltspolitiker quasi automatisch in den Kampfmodus: Sie tendieren dazu, das stets knappe Geld dann lieber gleich anders auszugeben. Andererseits braucht Ursula von der Leyen in ihrem ersten Jahr als Chefin des Verteidigungsressorts dringend mehr Mittel, um den Truppendienst attraktiver zu machen.

 

Das im Frühjahr gestartete Attraktivitätsprogramm war ihr erstes Großprojekt als Inhaberin der Befehlsgewalt. So umstritten die Initiative für verlässlichere Laufbahnplanungen, bessere Unterbringung in den Kasernen, höhere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und finanzielle Verbesserungen in der Öffentlichkeit auch angekommen ist: Von der Leyens Erfolg als Ministerin und ihr Ansehen in der Truppe hängen davon ab, ob sie dieses Vorhaben über die Ziellinie bringt.

Schäuble hat es von der Leyen nicht leicht gemacht

Dass der um die „schwarze Null“ im nächsten Etat kämpfende Finanzminister Wolfgang Schäuble es von der Leyen nicht leicht machen würde, war klar. Aber am Ende haben beide Ressorts ihr Ziel erreicht. Von der Leyen kann ihr Attraktivitätspaket mit mehr als 20 Einzelmaßnahmen auf den Weg bringen. Ende des Monats soll es im Kabinett verabschiedet werden. Schäuble hat aber auch gewonnen, weil von der Leyen bis zum Ende der Legislaturperiode kein zusätzliches Geld bekommen wird, sondern alle zusätzlichen Investitionen aus dem eigenen Haushalt finanzieren soll.

Für das Programm, mit dessen Hilfe die Ministerin mehr junge Leute für den Soldatenberuf gewinnen will, sollen im kommenden Jahr 119 Millionen Euro ausgegeben werden. Für 2016 sind 298 Millionen Euro vorgesehen. Weil die Haushaltsexperten des Verteidigungsministeriums nicht die ganze Summe durch Umschichtungen aufbringen können, soll das Ressort auf einen in der allgemeinen Finanzverwaltung angesiedelten Topf zugreifen dürfen, der eigentlich für den Abbau von Zivilpersonal der Bundeswehr vorgesehen ist. Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold hat angesichts dieses Finanzkonstrukts aber noch Bedenken. „Mittelfristig muss das Geld für das Attraktivitätsprogramm auf den Etat draufgepackt werden, sonst geht es zu Lasten von Materialerhalt und Instandsetzung“, mahnt er.

Bessere Zulagen, höherer Sold und Hilfe in Notlagen

Aber den Start für ihre Attraktivitätsoffensive hat Ursula von der Leyen gesichert. Um den Truppendienst interessanter zu machen, will sie unter anderem die Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden beschränken. Diese Anpassung an EU-Recht, die für andere Beamte in Deutschland bereits gilt, soll jetzt auch auf Soldaten übertragen werden. Darüber hinaus sollen mehr Möglichkeiten zur Teilzeitbeschäftigung geschaffen werden. Entstehen Notsituationen durch besondere dienstliche Belastungen, sollen Soldaten finanzielle Unterstützung für eine Familienhilfe beantragen können.

Durch Erhöhungen des Wehrsoldes für freiwillige Wehrdienstleistende und die Aufstockung diverser Zulagen soll der Truppendienst künftig auch finanziell attraktiver sein. Der Sold eines freiwilligen Obergefreiten beispielsweise soll von bisher 10,18 auf 12,18 Euro pro Stunde steigen. Darüber hinaus sollen zwanzig Stellen- und Erschwerniszulagen um bis zu 40 Prozent angehoben werden. Besserstellungen plant Ursula von der Leyen für Truppenangehörige auch nach dem aktiven Dienst bei der Bundeswehr. So sollen zum Beispiel die Hinzuverdienstgrenzen für Soldaten im Ruhestand gelockert und durch eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage die Rentenanwartschaften verbessert werden.