Die Ziele waren hoch gesteckt, doch Europa wird sich nicht einig. Die Richtmarke beim Energiesparen zum Jahr 2030 wird wohl bei 27 Prozent liegen.

Brüssel - Europa steuert auf deutlich abgeschwächte Ziele beim Klimaschutz zu. Die Richtmarke beim Energiesparen zum Jahr 2030 werde wohl bei 27 Prozent liegen, sagte der finnische Regierungschef Alexander Stubb kurz vor Beginn des EU-Gipfels zur Klima- und Energiepolitik.

 

Bisher waren 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 angestrebt worden. Gipfelchef Herman Van Rompuy zeigte sich zuversichtlich, dass sich die 28 Mitgliedstaaten verständigen werden.

Umweltschützer forderten eine Einigung auf ambitionierte und verbindliche Zielvorgaben. Nicht verbindliche Ziele seien "inakzeptabel und nicht ausreichend", sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigte sich besorgt. "Dieses lächerlich niedrige Effizienzziel würde die momentan laufenden Entwicklungen für Energieeinsparungen bremsen", erklärte BUND-Energieexpertin Ann-Kathrin Schneider zu einem möglichen 27-Prozent-Kompromiss.

Schwedens Regierungschef Stefan Löfven sprach sich für das ursprüngliche 30-Prozent-Ziel aus. Derzeit gilt ein unverbindliches Einsparziel von 20 Prozent an Wärme und Strom für 2020 - verglichen mit dem vorhergesagten Energieverbrauch ohne Auflagen der Politik.

Ehrgeizige Ziele rücken in weite Ferne

Jan Kowalzig, Klima-Experte der Entwicklungsorganisation Oxfam sagte: "Was derzeit in der Beschlussvorlage für das Klima- und Energiepaket auf dem Tisch liegt, bleibt meilenweit hinter den Erfordernissen zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zurück." Schon eine Erwärmung um ein oder zwei Grad bringt nach Einschätzung von Experten Klimarisiken mit sich.

Eine europäische Klima-Einigung gilt als Voraussetzung für einen Erfolg des Weltklimagipfels Ende 2015 in Paris. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission soll in dem EU-Paket zudem festgelegt werden, den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu verringern. Stark von Kohlekraftwerken abhängige osteuropäische Länder wie Polen halten solche Vorgaben für zu hoch. Sie fürchten steigende Strompreise und Wettbewerbsnachteile.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei einem Treffen der Europäischen Volkspartei (EVP) nach Teilnehmerangaben, die CO2-Reduktion um 40 Prozent bis 2030 bedeute eine "gewaltige Kraftanstrengung".

Die Staats- und Regierungschefs aus Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei sowie aus Rumänien und Bulgarien stimmten sich kurz vor dem Gipfel noch einmal bei einem Sondertreffen ab. Für ihre Zustimmung zum neuen Energie- und Klimapaket erwarten sie Fördergelder in Milliardenhöhe. "Eine Einigung ist noch weit entfernt", sagte der polnische Umweltminister Marcin Korolec.

Die polnische Nachrichtenagentur PAP schrieb unter Berufung auf diplomatische Kreise, Polen wolle zusammen mit den anderen Ländern eine Revisionsklausel für das Klimapaket verlangen. Sollten die USA und China auf der Pariser Klimakonferenz keine ehrgeizigen Ziele setzen, solle auch die Haltung der EU noch einmal überdacht werden können, hieß es.

Nach PAP-Informationen will Polen außerdem auf eine Garantie für Einstimmigkeit bei Schlüsselentscheidungen über Kraftwerksemissionen dringen - damit auch ein einzelnes Land Beschlüsse blockieren könne, mit denen es nicht einverstanden ist.

Freitag geht es um die Wirtschaftslage

Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, sagte zu den Verhandlungen: "Die Klimaziele müssen ambitioniert sein, aber es muss ein Mittelweg gefunden werden." Europa leidet unter Wachstumsschwäche." Es müsse eine Energieversorgung zu günstigen Preisen geben.

Neben dem Topthema Klima und Energie wollten die Staats- und Regierungschefs am ersten Tag ihres Treffens über die Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Westafrika und die Lage in der krisengeschüttelten Ukraine beraten. Weitreichende Beschlüsse dazu wurden nicht erwartet.

Am Freitag soll es beim Gipfel um die angespannte Wirtschaftslage gehen. Vor allem die Entwicklung in Frankreich und Italien gilt als besorgniserregend. Die Länder sitzen auf riesigen Schuldenbergen, wollen sich aber wegen der schwachen Konjunktur nicht an europäische Haushaltsregeln halten. Die EU-Kommission muss in den nächsten Wochen entscheiden, ob sie gravierende Mängel bei der Einhaltung des Euro-Stabilitätspaktes sieht.