Eigentlich wollte die Politik am Freitag das Handelsabkommen Ceta feiern. Doch Grund für Jubel gibt es bisher nicht. Die belgische Region Wallonie sperrt sich beharrlich gegen den Pakt mit Kanada.

Brüssel - Die Rettungsversuche für den Handelspakt Ceta werden immer verzweifelter: Nachdem die Regierung der belgischen Region Wallonie einen neuen Kompromissvorschlag der EU-Kommission abgelehnt hat, wollte sie nun direkt mit Kanada sprechen. Der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette warnte die europäischen Staats- und Regierungschefs davor, ihn und die Ceta-Kritiker im französischsprachigen Teil Belgiens unter Zeitdruck zu setzen. „Das wird nicht funktionieren“, sagte er am Donnerstag.

 

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker wollte Ceta noch nicht aufgeben: „Ich bin hoffnungsvoll, dass wir im Laufe der Nacht und des morgigen Tages zu einem guten Ergebnis kommen werden“, sagte er nach dem EU-Gipfel in Brüssel. „Wenn wir dieses Handelsabkommen mit Kanada nicht abschließen können, sehe ich nicht, wie es möglich sein soll, Handelsabkommen mit anderen Teilen der Welt zu vereinbaren.“

Ohne Wallonie kann belgien nicht zustimmen

Mit dem geplanten Freihandelsabkommen Ceta (Comprehensive Economic and Trade Agreement) wollen die EU und Kanada Zölle und andere Handelshemmnissen abbauen. So ist unter anderem vorgesehen, Zugangsbeschränkungen bei öffentlichen Aufträgen zu beseitigen und Dienstleistungsmärkte zu öffnen. Das soll Wachstum und neue Jobs schaffen. Kritiker fürchten sinkende Umwelt- und Verbraucherstandards.

Ohne das Einverständnis der gerade mal 3,6 Millionen Einwohner zählenden Wallonie muss die belgische Föderalregierung ihre Zustimmung zum Abkommen verweigern. Dies könnte letztlich das Aus für Ceta bedeuten, da es von allen 28 EU-Staaten unterzeichnet werden muss. „Europas Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel“, kommententierte EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Die Regionalregierung der Wallonie hatte am späten Donnerstagabend erklärt, dass sie den jüngsten Kompromissvorschlag der EU-Kommission zu Ceta ablehnt. Die Brüsseler Behörde hatte versucht, die Bedenken der Wallonen ausräumen und so den Weg zur Unterzeichnung des Abkommens in der kommenden Woche zu ebnen.

Für Merkel ist Scheitern kein Thema

Ministerpräsident Magnette stufte die Zusatzdokumente als noch immer unzureichend ein. Er wollte nun mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland sprechen. Die Verhandlungen sollten zudem auf unterschiedlichen Ebenen zwischen der Wallonie und der belgischen Regierung, der EU-Kommission und der kanadischen Seite weiterlaufen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel mochte über ein Scheitern des über Jahre ausgehandelten EU-Vertrags mit Kanada gar nicht erst spekulieren. „Wir arbeiten daran, dass es nicht dazu kommt, aber die Gespräche sind schwierig“, sagte die CDU-Politikerin.

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen war die ursprünglich geplante Erklärung zu Bereichen wie Umwelt-, Daten und Beschäftigungsschutz überarbeitet worden. In separaten Dokumenten sollten Sorgen der Wallonen vor Hormonfleisch, gentechnisch veränderten Lebensmitteln und einer zu starken Reglementierung der öffentlichen Auftragvergabe ausgeräumt werden.