Berlin unterstützt das Investitionsprogramm der EU. Allerdings wird die Übernahme von Risiken kritisch gesehen. Die Koalition will bei der Umsetzung darauf achten, dass keine neuen Belastungen für die Haushalte entstehen.

Berlin - Mehr als ein paar dürre Sätze hat die Kanzlerin in ihrer Regierungserklärung dem Thema nicht gewidmet. Im Bundestag sagte Angela Merkel, sie unterstütze das Investitionspaket des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker grundsätzlich. In Berlin entfacht das Paket keine Begeisterungsstürme. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hingegen hat eine Beteiligung Deutschlands am europäischen Investitionspaket gefordert. Der Plan für mehr Wachstum und Jobs sei ein Schritt in die richtige Richtung, sagte er.

 

Merkel betonte, dass Investitionen zwar wichtig seien, entscheidend sei aber, dass Brüssel die Zukunftsausgaben anpacke. Nach den Worten der Regierungschefin müsse Europa etwa mehr für den Ausbau der Digitalisierung tun. Priorität haben für Merkel in jedem Fall Reformen. Damit bleibt die Kanzlerin ihrer Linie treu. Sie verfolgt seit Langem den Kurs, dass es wenig hilfreich ist, wenn mit hohen Zahlen Erwartungen geschürt werden, die hinterher nicht gehalten werden können. Vielmehr kommt es aus Berliner Sicht darauf an, dass sich die EU-Länder anstrengen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Das ist für Merkel der Maßstab.

Das Kapital der Euro-Rettungsfonds wird nicht angetastet

Vor allem in der Union war im Sommer deshalb die Unruhe groß, als Jean-Claude Juncker vorfühlte, ob sich aus dem Euro-Rettungsschirm Geld in das Investitionspaket umleiten lässt. Obwohl sich Juncker bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Absage einholte, verfolgte Brüssel die Idee zunächst weiter. Dieser Plan ist jetzt aber vom Tisch. „Ich bin sehr zufrieden, dass das Kapital der Euro-Rettungsfonds nicht angetastet wird“, sagte der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle.

Es komme jetzt auf die Umsetzung an, heißt es in den Ministerien. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, es sei entscheidend, dass wirtschaftlich tragfähige Projekte gefunden würden, in die auch investiert werden kann. Zunächst will die Regierung die Vorschläge genau prüfen. Berlin will bei der Umsetzung darauf achten, dass keine neuen Belastungen für die Haushalte entstehen.

Kommen neue Haftungsrisiken auf Deutschland zu?

In der Koalition bestehen Zweifel, dass mit dem anvisierten Volumen viel erreicht werden kann. „Ich bin gespannt, ob das funktioniert“, sagte Barthle. Unklar ist, ob mit dem Investitionsprogramm neue Haftungsrisiken auf Deutschland zukommen. Eine Sprecherin des Finanzministeriums erklärte, die Frage der Finanzierung sei jetzt nicht vorrangig. Der Fokus von Finanzminister Schäuble liege darauf, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen. In der Union wird befürchtet, dass die Kommission Bürgschaftsprogramme für riskante Projekte auflegen könnte, für die dann der Steuerzahler haften muss. Für eine abschließende Bewertung sei es aber noch zu früh, hieß es.

Die deutsche Wirtschaft begrüßte die Ankündigungen. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) sprach von einem ersten Schritt in die richtige Richtung. Doch auch der BDI warnte vor zu hohen Erwartungen. „Finanzielle Anreize für Zukunftsinvestitionen und Strukturreformen müssen Hand in Hand gehen“, sagte BDI-Geschäftsführer Stefan Mair. Der BDI hält den Fonds für ein Signal des Aufbruchs. Bei der Umsetzung komme es darauf an, dass die Instrumente zügig und unbürokratisch gestaltet würden. Insgesamt sei es notwendig, dass in Europa ein besseres Investitionsklima herrsche. Die deutsche Industrie fordert Brüssel auf, etwa in der Energiepolitik Belastungen abzubauen. Das sei ein wirksamer Beitrag für mehr Investitionen.