Eine Aufhebung der Visumspflicht ist der Türkei für ihre Bürger ein großes Anliegen. Die EU-Kommission hat unter Vorbehalten empfohlen, das zu tun. Die Türkei begrüßt das.

Brüssel - Die EU-Kommission empfiehlt die Aufhebung der Visumpflicht für türkische Bürger. Dies geschehe aber unter dem Vorbehalt, dass die Türkei die verbleibenden EU-Bedingungen erfüllt, teilte die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit. Derzeit seien noch fünf von 72 Auflagen offen, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. Das Land habe „eindrucksvolle Fortschritte“ gemacht und werde die Auflagen erfüllen, falls es das Reformtempo halte. Zieldatum für die visafreie Einreise ist Ende Juni, zuvor müssten aber die EU-Staaten und das Europaparlament zustimmen.

 

Bei den verbleibenden Kriterien geht es laut Timmermans um den Kampf gegen Korruption, die Zusammenarbeit mit der EU-Polizeibehörde Europol, die Justizzusammenarbeit mit den EU-Staaten, den Datenschutz und Gesetze zum Anti-Terror-Kampf.

Als Erfolg gewertet

Die türkische Regierung hat die Empfehlung der EU-Kommission zur Aufhebung der Visumspflicht für türkische Staatsbürger als Erfolg gewertet. Damit habe die Türkei eine „wichtige Etappe“ erreicht, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Mittwoch vor Journalisten. „Als Türkei sind wir mit dem Punkt, der erreicht wurde, zufrieden.“

Die Türken hätten eine visafreie Einreise in den Schengenraum längst verdient. „Es gab eine Ungerechtigkeit und diese Ungerechtigkeit wird behoben“, sagte Cavusoglu weiter. Ziel der Türkei sei jedoch die Vollmitgliedschaft in der EU.

Engpässe bei der Ausgabe von biometrischen Pässe erwarte er nicht. Die Behörden seien darauf vorbereitet, diese ab 1. Juni auszugeben, sagte Cavusoglu.

Laut EU-Kommission gibt es bezüglich der Dokumente zunächst eine Zwischenlösung. Zunächst gebe die Türkei biometrische Pässe mit kurzer Gültigkeit aus, die ein Foto und Fingerabdrücke enthalten. Nur Bürger mit solchen Pässen dürften ohne Visum nach Europa reisen. Ab Oktober dann sollen die türkischen Behörden Pässe herausgeben, die den EU-Standards in vollem Umfang entsprechen.

Zwischenlösungen gesucht

Bei der visafreien Einreise geht es um Kurzaufenthalte von bis zu 90 Tagen im eigentlich grenzkontrollfreien Schengen-Raum - Deutschland und andere Staaten haben in der Flüchtlingskrise wieder Grenzkontrollen eingeführt. Von der Visumfreiheit profitieren würden etwa Geschäftsleute, Touristen oder Menschen, die Angehörige besuchen möchten.

Ankara pocht seit langem auf Reiseerleichterungen für türkische Bürger. Für die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise kommt die EU der Türkei nun entgegen. Das Land hat jüngst beschlossen, dass im Gegenzug auch Bürger aller EU-Staaten ohne Visum einreisen dürften. Für Zyprer beispielsweise war dies bisher nicht möglich.

„Der Ball liegt in Ankara“

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), betonte vor der Kommissionsempfehlung, das Parlament werde nicht über die Visumfreiheit abstimmen, bevor Ankara alle Vorgaben umgesetzt hat. „Der Ball liegt in Ankara. Die Verantwortung für mögliche Verzögerungen auch“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Auch die Grünen-Vorsitzende Simone Peter mahnte, die formulierten Bedingungen dürften nicht unterlaufen werden. Grundsätzlich begrüßte sie aber die geplante Visumfreiheit, weil dies proeuropäische und demokratische Türken stärken könne. „Visafreiheit fördert den politischen und kulturellen Austausch“, sagte sie der dpa. Menschen, die sich für Bürgerrechte und Freiheit einsetzten, sollten nicht durch Reisebeschränkungen in Haftung genommen werden für den undemokratischen Regierungsstil von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.