Das EU-Parlament fordert bei seiner aktuellen Sitzung in Straßburg, Alkohol zu verteuern, sowie Warnhinweise und Kalorienangaben auf Flaschen – vorerst ohne Aussicht auf Erfolg, berichtet unser Korrespondent Christopher Ziedler.

Straßburg - Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: 4,3 Millionen Deutsche gelten dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages zufolge als alkoholabhängig, 42 000 Todesfälle pro Jahr sind demnach auf übermäßigen Alkoholgenuss zurückzuführen. Bei jungen Männern unter 30 Jahren gehen sogar ein Viertel aller Fälle auf das Trinken zurück. Studien beziffern den volkswirtschaftlichen Schaden in Deutschland auf jährlich 20, europaweit sogar auf 125 Milliarden Euro im Jahr.

 

Die politische Aufgabe, Menschen von einem moderateren Konsum zu überzeugen, ist eine vorwiegend nationale, regionale oder lokale. Aber auch die Europäische Union hat seit 2006 eine Alkoholstrategie. Es geht vor allem darum, Erfahrungen der Mitgliedstaaten auszutauschen und das Vorgehen aufeinander abzustimmen. Und natürlich wird in Brüssel wie für alle anderen Waren im EU-Binnenmarkt geregelt, was auf den Etiketten der Produkte steht – in diesem Fall ist es der Prozentwert.

Ein Liter Bier: so viele Kalorien wie eine Tafel Schokolade

Das reicht dem Europaparlament aber nicht mehr. In einer Resolution will es an diesem Mittwoch eine Neuauflage der inzwischen ausgelaufenen Alkoholstrategie – mit deutlich weiter reichenden Vorgaben als bisher. So fordern die Abgeordneten beispielsweise Warnhinweise für Schwangere und Autofahrer à la „Don’t drink and drive“ sowie die Verpflichtung, Nährwert- und Kalorienangaben oder den Zusatz von Zucker anzugeben. „Wer weiß denn schon, dass ein Liter Bier genauso viele Kalorien hat wie eine Tafel Schokolade?“ fragt die SPD-Abgeordnete Susanne Melior.

Sie hat dabei die europäischen Verbraucherzentralen hinter sich – und auch der zuständige EU-Kommissar Phil Hogan stellte in der Plenardebatte am Montagabend in Straßburg einen entsprechenden Gesetzesvorschlag in Aussicht. Viele Abgeordnete, vor allem aus Südeuropa, sprechen sich gegen die Kennzeichnungspflicht auf, da sie Nachteile für ihre Winzer befürchten: „Wein mit Tabak auf eine Stufe zu stellen und auch vor dem Kauf zu warnen, hielte ich für vollkommen falsch“, sagt etwa der italienische Christdemokrat Alberto Cirio. Sein deutscher Fraktionskollege Peter Liese, immerhin selbst Arzt, verweist zwar darauf, dass der „moderate“ Alkoholgenuss weniger schädlich ist als das Rauchen – unterstützt aber die Kennzeichnungspflicht zum Beispiels bei den süßen Alkopops dennoch.