In Paris werden am Samstag die sechs Vorrundengruppen für die Europameisterschaft in Frankreich im kommenden Jahr ausgelost. Deutschland könnte auf Italien treffen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Natürlich werden Joachim Löw und Oliver Bierhoff bei ihrer Rückkehr nach Paris an den schwarzen Freitag, den 13. denken. „Die Ereignisse hängen noch in unseren Köpfen fest. Das vergisst man nicht so schnell“, sagt der Teammanager Bierhoff zu jener Nacht im November, als die Spieler der deutschen Fußball-Nationalelf, ihre Betreuer sowie die sich solidarisch erklärenden französischen Profis die Nacht gemeinsam in den Katakomben des Stade de France verbrachten. Es waren jene Stunden des Terrors an der Seine, in denen die Attentate islamistischer Fanatiker 130 Todesopfer forderten.

 

„Gemeinsam mit den Teilnehmern aus den anderen Nationen wollen wir in Paris auch dokumentieren, dass wir an unserer Lebensweise festhalten, die geprägt ist von Offenheit, Toleranz, Respekt, Solidarität und Freiheit. Wir lassen uns diese Werte nicht nehmen“, sagt Joachim Löw sechs Monate vor dem Eröffnungsspiel im Stade de France am 10. Juni 2016, mit dem das große kontinentale Fußballfest beginnen wird. Um sich auf die Euro 2016 in Frankreich einzustimmen, wird die europäische Fußballelite an diesem Samstag (18 Uhr/ZDF) zur Auslosung der sechs Vorrundengruppen à vier Teams im Pariser Palais de Congrès zusammentreffen. Das ist ein graues Betongebäude nördlich des Bois de Boulogne, in dessen Inneren es zunächst fröhlich und leichtlebig zugehen wird, wenn im Auftaktprogramm einige Cancan-Tänzerinnen mit den Beinen wedeln.

Zur Auslosung wurd viel Sportprominenz erwartet

„Frankreich wird ein hervorragender Gastgeber sein, in den nächsten Tagen genauso wie beim Turnier selbst. Wir haben also auch allen Grund, uns auf die Europameisterschaft zu freuen, den Blick nach vorn zu richten“, sagt der Bundestrainer vor der rund einstündigen Auslosungs-Zeremonie, die in Abwesenheit des gesperrten Uefa-Präsidenten und nationalen Fußballidols Michel Platini von Generalsekretär Gianni Infantino geleitet wird. Ihm zur Seite steht dann neben den Altstars Ruud Gullit und Bixente Lizarazu zusätzliche Prominenz. Dazu zählen neben Oliver Bierhoff (EM-Finaltorschütze 1996) auch Angelos Charisteas (Finaltorschütze 2004), David Trezeguet (Finaltorschütze 2000) sowie Antonin Panenka, der sich 1976 mit seinem legendären Elfmeter-Lupfer im Finale gegen Deutschland für die Tschechoslowakei ein Denkmal setzte.

Nach ihren EM-Siegen von 1972, 1980 und 1996 ist die DFB-Auswahl, die ihr Quartier in Evian Les-Bains am französischen Ufer des Genfer Sees beziehen wird, nach dem WM-Triumph von Rio 2014 nun auch auf europäischer Ebene auf den vierten Titelgewinn aus. „Die Qualifikation hat gezeigt, dass es kein Selbstläufer ist, am Ende vorn zu stehen“, sagt Oliver Bierhoff. In Topf eins ist der Weltmeister als einer von sechs Gruppenköpfen gesetzt – und bekommt bei der Auslosung jeweils ein Team aus den Töpfen zwei bis vier zugelost, die anhand eines Quotienten gemäß der Spielstärke seit Beginn der Qualifikation bestückt wurden.

Das DFB-Team könnte auf Italien treffen

Im schwierigsten Fall könnte es die Löw-Elf etwa mit Italien (noch kein Sieg bei einem großen Turnier), mit Polen (Niederlage in der Qualifikation) und Irland (1:1 und 0:1 in der Qualifikation) zu tun bekommen. Allerdings sollte den Fans aufgrund des neuen Spielmodus’ mit erstmals 24 Teams auch in diesem Fall nicht allzu bange sein. Denn fürs Achtelfinale sind neben den beiden Gruppenbesten auch vier der sechs Dritten qualifiziert. „Aus sportlicher Sicht fand ich ein 16er-Feld für eine Europameisterschaft besser und auch für die Fans reizvoller“, sagt Löw: „Ich kann aber verstehen, dass die kleineren Nationen eine Aufstockung positiv sehen.“

In der Vorbereitung auf das Turnier, das vom 10. Juni bis 10. Juli 2016 andauert, wird der Bundestrainer mit seinem EM-Kader nach dem DFB-Pokalfinale am 21. Mai ein Trainingslager im Schweizer Ascona beziehen. „Turniere zu spielen, ist für mich das Größte“, sagt Löw vor dem Auftritt in Frankreich, wo bereits die EM 1984 sowie die WM 1998 stattfanden. Diesmal will die Hauptstadt Paris ihre rund drei Millionen erwarteten EM-Besucher mit gutem Essen und Public-Viewing besonders verwöhnen. So wird auf dem Marsfeld am Fuße des Eiffelturms eine Fanzone für 120 000 Besucher eingerichtet – am Ufer der Seine soll es kulinarische Spezialitäten aus den 24 Teilnehmerländern geben.

Am Montag beginnt zunächst der Verkauf der 800 000 EM-Tickets für die zehn Stadien in Paris (Stade de France, Prinzenpark), Lens, Lille, Lyon, St-Étienne, Nizza, Marseille, Toulouse und Bordeaux. Zwanzig Prozent der Stadionkapazität, die zwischen 80 000 (Stade de France) und 33 000 (Toulouse) schwankt, gehen an die beiden an jedem der 51 Spiele beteiligten Nationalverbände. Kritik gibt es hier allerdings am DFB, bei dem sich lediglich Mitglieder des Fanclubs der Nationalelf (Aufnahmegebühr 10 Euro, Jahresbeitrag 30 Euro) um EM-Tickets bewerben können.