Die Lage im Schuldenstreit mit Athen ist derart verfahren, dass ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro gefährlich nahe rückt, kommentiert der StZ-Korrespondent in Brüssel, Christopher Ziedler.

Brüssel - Es war eine lange Nachtsitzung erwartet worden, an deren Ende der Streit zwischen Griechenland und seinen europäischen Geldgebern entschärft sein sollte. Nun ist das Gegenteil eingetreten: Es bleiben nur noch ganz wenige Tage, um das Szenario abzuwenden, gegen das die EU seit nun fast fünf Jahren ankämpft: Unmittelbar drohende Zahlungsunfähigkeit der griechischen Staatskasse, panische Bürger, die aus Furcht vor der Staatspleite in Scharen ihr Geld abheben, Bank-rott der Banken und erzwungener Austritt aus der Währungsunion.

 

Der jüngste Eklat lässt erstmals ernsthafte Zweifel aufkommen, ob beide Seiten diese Entwicklung tatsächlich stoppen wollen. Die griechische Seite will offenbar um jeden Preis das aktuelle Hilfsprogramm beenden – selbst eine technische Verlängerung, um Zeit für inhaltliche Veränderungen zu gewinnen, lehnt sie ab. Auch das Agieren der Eurozone wirft Fragen auf: Warum wussten die Minister angeblich nichts von einem Kompromisspapier der EU-Kommission, das Athen angeblich zu unterschreiben bereit war? Wurde es deshalb ohne größere Diskussion beiseite gewischt? Hat man die Provokationen der neuen griechischen Regierung satt und ist doch bereit, das Land ziehen zu lassen? Die Antworten darauf werden die nächsten Tage liefern.