Athen kämpft weiterhin mit großen Problemen. Braucht das Land eine weitere Finanzspritze? Viele Fachleute sehen weitere Kreditbedarf. Die Regierung will aber ohne neue Kredite auskommen.

Athen - Ist Griechenland über den Berg? Oder braucht der Krisenstaat, dem die Europartner seit 2010 bereits mit zwei Rettungspaketen unter die Arme griffen, eine dritte Finanzspritze? Für den Haushalt 2015 zeichnet sich eine Finanzlücke in zweistelliger Milliardenhöhe ab. Viele Fachleute sehen deshalb weiteren Kreditbedarf. Aber die Athener Regierung unter dem Ministerpräsidenten Antonis Samaras sträubt sich gegen Hilfsgelder. Sie fürchtet neue Sparauflagen.

 

Seit 2010 haben die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) für Griechenland Kredite von 240 Milliarden Euro bereitgestellt. Aber das Land, in dem die Euro-Staatsschuldenkrise Ende 2009 begann und ihr größtes Ausmaß erreichte, steckt von allen Krisenstaaten immer noch am tiefsten im Schlamassel. Die Rezession geht ins siebte Jahr, seit 2008 hat Griechenland rund ein Viertel seiner Wirtschaftskraft verloren. Die Arbeitslosenquote stieg von knapp acht auf 27 Prozent. Erst gegen Ende dieses Jahres soll das Land zum Wachstum zurückkehren.

Fehlbetrag erheblich gesunken

Bei der Haushaltskonsolidierung meldet Athen allerdings beeindruckende Erfolge. Nachdem das Haushaltsdefizit 2009 den Rekordwert von 15,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichte, soll der Fehlbetrag in diesem Jahr nur noch 1,6 Prozent des BIP ausmachen. Im Primärhaushalt, der den Schuldendienst ausklammert, erwirtschaftete Griechenland bereits 2013 einen Überschuss von 0,8 Prozent des BIP.

Die Finanzmärkte honorieren den Sparkurs. Griechische Staatsanleihen sind wieder gefragt, die Kurse steigen. Spiegelbildlich fiel die Rendite der zehnjährigen Bonds von mehr als 44 Prozent im März 2012 auf rund sechs Prozent. Athen nutzte die rückläufigen Renditen: Im April und Juli sammelte Griechenland mit fünf- und dreijährigen Staatsanleihen 4,5 Milliarden Euro am Kapitalmarkt ein.

Keine nachhaltige Haushaltskonsolidierung

Von einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung kann man allerdings noch nicht sprechen. Der IWF prognostiziert den Griechen für das Jahr 2015 eine neue Finanzlücke von 12,6 Milliarden Euro. Sie ergibt sich daraus, dass Griechenland elf Milliarden Euro aus dem zweiten Rettungspaket, die eigentlich für den Haushalt 2015 vorgesehen waren, bereits Ende 2012 für den Rückkauf von Staatsanleihen ausgab, um die Schuldenquote zu drücken. Zudem soll Griechenland bis Ende 2015 seine Rücklagen von fünf auf sieben Milliarden Euro erhöhen.

Schon bei der Ratifizierung des zweiten Hilfspakets warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, es sei möglicherweise nicht das letzte Mal, dass man sich mit Finanzhilfen für Griechenland beschäftigen müsse. Jetzt versichert Schäuble, man werde den Griechen, wenn nötig, erneut helfen. Ein drittes Hilfspaket wäre jedoch deutlich kleiner als die beiden ersten. Die Rede ist von rund zehn Milliarden Euro. Ministerpräsident Samaras erklärt allerdings seit Wochen bei jeder Gelegenheit: Wir brauchen keine neuen Hilfskredite. Samaras hofft die Finanzlücke mit eigenen Mitteln schließen zu können.

Griechische Banken könnten weiteren Kapitalbedarf haben

Man könne bis Mitte 2015 weitere sechs bis acht Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufnehmen, heißt es in Regierungskreisen. Überdies sind von den 50 Milliarden Euro, die im zweiten Rettungspaket für die Rekapitalisierung der griechischen Banken vorgesehen waren, noch elf Milliarden übrig. Diese Gelder will Athen zum Ausgleich der Finanzlücke 2015 verwenden. Dagegen erhebt die Troika allerdings bis jetzt Einspruch, denn die griechischen Banken könnten weiteren Kapitalbedarf haben.

Klarheit wird man Mitte Oktober nach dem Stresstest der Europäischen Zentralbank haben. Müsste Griechenland tatsächlich die EU um ein drittes Rettungspaket bitten, wäre das für Premier Samaras ein politisches Desaster, denn neue Hilfsgelder wären zwangsläufig mit weiteren Sparauflagen verbunden. Daran könnte die Regierungskoalition, die sich ohnehin nur auf 153 der 300 Sitze stützt, zerbrechen.