Fritz Kuhn und Rainer Ganske sind die Antipoden in der von außerhalb angestoßenen Diskussion um eine Bewerbung Stuttgarts als europäische Kulturhauptstadt. Doch warum hält sich Kuhn zurück? Die Antwort hat er vor kurzem gegeben.

Stuttgart - Die Debatte um eine mögliche Bewerbung für die europäische Kulturhauptstadt im Jahr 2025 berührt auch das Verhältnis der Stadt Stuttgart zur Region. Schließlich sind es der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec und die CDU-Regionalfraktion gewesen, die die Idee in der Öffentlichkeit platzierten und damit das Ziel verfolgen, mit dem Kulturhauptstadttitel für die Zentrale auch die kulturellen Stärken der gesamten Region ins Blickfeld zu rücken. Damit setzten sie, wohl nicht ganz unbeabsichtigt, das Stuttgarter Rathaus unter Zugzwang, namentlich Fritz Kuhn, der nicht nur Stadtoberhaupt ist, sondern für die Grünen auch in der Regionalversammlung sitzt. Anders als sein Vorgänger bekennt er sich zur regionalpolitischen Zusammenarbeit über Partei- und Stadtgrenzen hinweg. Doch wie sieht die konkret aus?

 

Der OB verhängt die politische Höchststrafe

Im aktuellen Fall Kulturhauptstadt reagierte Kuhn auf Specs Vorstoß in der Stuttgarter Zeitung verärgert und verhängte die politische Höchststrafe: keine öffentliche Reaktion. In einem anderen Fall – dem vor einem Jahr geschlossenen ÖPNV-Pakt von Land, Region, Kreisen und Stadt – sieht sich der Rathauschef als Vermittler, der mit seinem Parteifreund und Verkehrsminister Winfried Hermann den in sich verbissenen Streithähnen Region und Kreise den Weg zum Kompromiss wies.

Im Hintergrund wabert bei diesen Fällen aber immer die Frage, wie der Verband Region Stuttgart im 21. Jahr seines Bestehens agiert: Soll die Region die ihr per Landesgesetz zugeschriebenen Aufgaben in der Planung, im  Landschaftsschutz und im öffentlichen Nahverkehr, in der Wirtschafts- und Tourismusförderung möglichst geräuscharm und effektiv erledigen, oder soll sie verstärkt neue Politikfelder beackern – beispielsweise in Angelegenheiten wie der Bewerbung um die europäische Kulturhauptstadt von Stadt und Region.

Es geht um die Grundsatzfrage: mehr oder weniger Region

Dieser Vermessung der regionalen Welt haben sich zuletzt einige Politiker gewidmet, schließlich feierte der Verband Region Stuttgart im vergangenen Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Die Ergebnisse waren überschaubar, zumal das Land wenig Neigung zu einer Grundsatzdebatte erkennen lässt. Doch selten sind die unterschiedlichen Ansätze so aufeinander geprallt wie Anfang Dezember, als der CDU-Regionalrat Rainer Ganske und Kuhn die Verabschiedung des Etats für grundsätzliche Aussagen nutzten. Dabei bemühten beide den Satz, dass „die Region ohne Stuttgart nichts ist und Stuttgart ohne die Region nichts“. Doch aus dem schön formulierten Allgemeinplatz zogen sie höchst unterschiedliche Schlüsse – und ihre Folgerungen werfen ein Licht auch auf die Causa europäische Kulturhauptstadt.