Helmut Kohl habe Europa eine Vision gegeben, die noch heute mächtig wirke. Deshalb sei es richtig, ihn mit einem europäischen Staatakt zu würdigen, meint Norbert Wallet. Katja Bauer hingegen hält einen solchen Staatsakt in Straßburg für anachronistisch. Er sei nicht auf Wunsch zu haben, kommentiert sie.

Berlin - Helmut Kohl hat deutsche Politik im europäischen Kontext begriffen, schon lange bevor die Verwirklichung der Einheit ein konkretes Ziel seiner Arbeit geworden war. Aber als es so weit war, konnte er sich auf das Vertrauenskapital stützen, das er in Jahren angehäuft hatte. Er genoss die Freundschaft der USA, das Vertrauen der Franzosen und der kleineren osteuropäischen Staaten, aber auch den Respekt der Sowjetunion. Auf dieser Grundlage konnte er maßgeblich dazu beitragen, die deutsche Teilung, aber mit ihr auch die Teilung des Kontinents zu überwinden.

 

Die Wieder-Öffnung des Kulturraums Mitteleuropa

Ganz handfest war für die Generation Kohl damit das Geschenk verbunden, den Kulturraum Mitteleuropa neu entdecken zu können. Der frühere Bundeskanzler Kohl war aber auch davon überzeugt, dass die deutsche Einheit nur im Zuge der europäischen Einigung vollendet werden könne. Deshalb die Schaffung des Euro. Er sollte die Nationen des Währungsraums noch enger zusammenbinden. Damit hat Helmut Kohl Europa eine schwierige Aufgabe gestellt, ihm aber auch eine Richtung gewiesen. Er hat Europa eine Vision gegeben. Eine Vision, die wirkt. Gerade die Zwänge des Euro machen einen intensiven grenzübergreifenden Dialog – zum Glück! – notwendig. Ein angemessenes Gedenken kann deshalb nur im europäischen Rahmen geschehen. (Norbert Wallet)