Die „Green Primaries“ für das grüne Spitzenduo bei der EU-Wahl geraten zum Flop. Der europäische Grünen-Chef Reinhard Bütikofer verteidigt das Prozedere dennoch.

Stuttgart - Bis zum Schlusstag für die „Green Primaries“ am 28. Januar sind es noch ein paar Tage, und der europäische Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagt, er setze „einige Hoffnung auf den Endspurt“. Denn der europaweite Aufruf zur Wahl von zwei grünen Spitzenkandidaten für die EU-Wahl im Mai läuft nun seit zehn Wochen, und die bisherige Wahlbeteiligung ist mau. Sie liege im niedrigen fünfstelligen Bereich, sagt Bütikofer, ohne eine Zahl zu nennen.

 

Wo bleibt die Welle der Mobilisierung?

Unterstellt, es hätten schon 40 000 Europäer ihre Stimme abgegeben, wäre das bei 375 Millionen wahlberechtigten Europäern eine Wahlbeteiligung von 0,01 Prozent. Dabei ist das Mitmachen bei den grünen Vorwahlen – die USA standen Pate – ganz simpel: In allen 28 EU-Ländern können über 16-Jährige mit ein paar Mausklicks auf greenprimary.eu ihr Votum abgeben, sofern sie eine Mail-Adresse und eine Telefonnummer angeben. Zwei von vier Kandidaten darf man ankreuzen: die italienische Grüne Monica Frassoni, der französische Umweltaktivist José Bové sowie die deutschen EU-Abgeordneten Rebecca Harms und Ska Keller stehen zur Wahl. Das Quartett tourt derzeit durch Europas Hauptstädte – Freitag war es in Prag – und stellt sich auf Versammlungen vor. „Es läuft super, wir haben eine Welle der Mobilisierung“, sagt die 32-jährige Ska Keller.

Experiment für digitale Demokratie

Ins Internet ist diese Welle offenbar noch nicht gelangt. Der Meinungsforscher Manfred Güllner, Leiter des Forsa-Instituts, bewertet das grüne Projekt als „Spielerei“. Die Abstimmung interessiere „nicht einmal die grünen Wähler“. Es liege aber im Trend, alles per Volksentscheid zu regeln. Allgemein werden Europawahlen „nicht als richtige Wahl“ akzeptiert, glaubt Güllner. Die Wahlbeteiligung sei stets niedrig, es sei denn, die Wahl sei mit anderen Wahlen gekoppelt. Die Grünen aber verstehen die Vorwahlen als Experiment für eine digitale Demokratie – und sich als Vorreiter. So etwas mache noch keiner, sagt Bütikofer. „Wir sind Pfadfinder. Da darf man sich nicht mit dem Rechenschieber neben uns stellen.“ Das gewählte Spitzenduo wird informelle Aufgaben haben, da es bei der EU-Wahl ja keine europäischen, sondern nur 28 nationale Wahllisten gibt. Aber Bütikofer ist überzeugt: „Die Gewählten werden Gesicht und Stimme der europäischen Grünen sein.“