Am Sonntag, 26. Februar, lädt die evangelische Kirche in Stuttgart-Sillenbuch zu einem Erklärgottesdienst ein. Pfarrer Friedrich July spricht über den Hintergrund der ungewöhnlichen Veranstaltung.

Sillenbuch - Pfarrer Friedrich July wagt am Sonntag ein Experiment: Die Besucher des Gottesdiensts sollen die Liturgie verstehen. Das Angebot richte sich an Christen, die selten in die Kirche kommen.

 
Ihr Ziel ist es, den Gottesdienstbesuchern die Liturgie zu erklären. Sind Sie sicher, dass das Menschen, die ohnehin selten in die Kirche gehen, überhaupt interessiert?
Das wird sich zeigen, aber es ist zumindest meine Hoffnung. Es ist ein Angebot, das wir einer immer stärker pluralen Gesellschaft machen. Es geht nicht darum, Menschen zu missionieren. Vielmehr sollen Menschen, die in freundlicher Distanz zur Kirche stehen, die Chance erhalten, mehr zu erfahren. Es sind aber auch aktive Mitglieder der Kirchengemeinde herzlich willkommen. Auch von ihnen ist manchem nicht ganz klar, welchen Sinn alles hat, was im Gottesdienst passiert.
Wie wird der Erklärgottesdienst ablaufen?
Es wird zunächst ein normaler Gottesdienst, zu den einzelnen Gottesdienstteilen werde ich die Predigt halten, und aus dem Off wird ein Kommentator Erklärungen abgeben.
Welche Teile des Gottesdienstes könnten aus Ihrer Sicht am schwersten zu vermitteln sein?
Das zieht sich durch den ganzen Gottesdienst. Warum wird am Anfang der Wochenspruch gesprochen? Was hat es mit dem Segen auf sich? Es gibt manches im Ablauf, das theologisch sinnhaft ist. Andere Teile der Liturgie sind eher historisch bedingt. Pfarrer stehen oft zwischen denjenigen, die wollen, dass alles so bleibt, wie es immer war, und denjenigen, die möglichst viel verändern wollen. Da ist es gut zu wissen, welche Rolle die Dinge wirklich spielen.
Sie wollen nur erklären. Fällt es einem Pfarrer nicht schwer, Christen nicht zu tadeln, die nur sehr selten in die Kirche gehen?
Ich glaube nicht, dass Frust weiterhilft. Ich bin froh, dass die Leute kommen. Ich habe auch Verständnis für die Menschen. Wenn ich an die Arbeitsverdichtung denke, ist ein Termin am Sonntagmorgen um 10 Uhr auch nicht gerade hitverdächtig. Meine Frau ist Ärztin, und so kostet es auch für mich als Pfarrer manchmal durchaus Überwindung, an predigtfreien Sonntagen in die Kirche zu gehen. Den moralischen Hammer möchte ich deshalb nicht herausholen, sondern es ist ein Angebot in aller Freiheit, von dem ich aber überzeugt bin, dass es gerade auch den gestressten Zeitgenossen guttun kann.