Für den evangelischen Kirchentag, der Anfang Juni in Stuttgart stattfindet, sind Ausgaben von 18,3 Millionen Euro veranschlagt. Von diesen trägt die Stadt 3,2 Millionen Euro durch direkte Förderung. Sie verdient aber auch an der Großveranstaltung.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Jörg Kopecz ist seiner Zeit immer ein paar Jahre voraus. Während die Vorbereitungen auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEK) Anfang Juni in Stuttgart in der heißen Phase sind, plant der Leiter Finanzen und Organisation beim DEK schon die Großveranstaltungen für 2019 und 2021. „Man muss sechs bis sieben Jahre vorher klären, ob man einen Haushalt dieser Größe hinbekommt“, sagt der Physiker und Theologe.

 

In Stuttgart geht es um Ausgaben beziehungsweise Einnahmen von 18,3 Millionen Euro. Mit diesem Ansatz war man in die Planung des Kirchentags in Hamburg gestartet – und bei 18,378 Millionen Euro angekommen. Eine solche Punktlandung ist nicht einfach bei einem Großereignis mit mehr als 2500 Veranstaltungen, 40 000 Mitwirkenden und 100 000 Dauergästen, von denen die Hälfte in Turnhallen und Schulen untergebracht werden müssen.

Die Zeltstadt auf dem Wasen treibt die Kosten

„Stuttgart wird ein Kirchentag der kurzen Wege“, sagt Jörg Kopecz. Das vor allem deshalb, weil man auf die neue Messe auf den Fildern als Veranstaltungsort verzichtet. Hauptveranstaltungsorte sind Neckarpark, Liederhalle und Fellbach, auf dem Wasen wird eine große Zeltstadt entstehen. „Dadurch wird eine Dichte entstehen, die ein besonderes Kirchentagsgefühl ergibt“, ist Kopecz überzeugt. Weil man auf dem Wasen aber eine eigene Infrastruktur aufbauen muss, kostet diese Lösung bis zu 300 000 Euro mehr als sonst.

Die Ausgabe könnte sich freilich im Verlauf des Kirchentages durchaus als Zustimmung der Besucher auszahlen. Denn in einer Studie beim vergangenen Kirchentag in Hamburg (dazu der nebenstehende Bericht) hat ein Großteil der Befragten kritisch angemerkt, dass die Wege zwischen den Veranstaltungsorten doch sehr weit gewesen seien. Und es wird sich zeigen, wie sich die Verkehrssituation während des Kirchentags entwickeln wird. Durch die Konzentration auf den Neckarpark und insbesondere den Wasen werde die Lenkung der Besucherströme im ohnehin engen Stuttgarter Talkessel eine besondere Herausforderung, räumt Jörg Kopecz ein.

Verglichen etwa mit dem Kirchentag 2009 in Bremen, der mit 14,9 Millionen Euro abgerechnet wurde, liegen die heutigen Ausgaben deutlich höher. Das hat verschiedene Gründe. So müsse man viele Leistungen, die früher etwa in den Mieten enthalten waren, nun gesondert an heute von den Kommunen ausgegliederte Dienstleister bezahlen, sagt Jörg Kopecz.

Die Anforderungen an die Planung sind gestiegen, seit der Love-Parade-Katastrophe 2010 in Duisburg nehmen es die Städte besonders genau, die Haftpflichtversicherungen sind bis zu 80 Prozent teurer als damals. Und beim Kirchentag in Dresden hat eine Bewachungsstunde noch elf Euro gekostet, nun, mit dem Mindestlohn, würden jeweils 21 Euro fällig, so Kopecz.

Das Land übernimmt fünf Millionen Euro

Woher aber kommt das Geld für dieses „größte gesellschaftspolitisch-kirchlich-kulturelle Forum in Europa“, wie es in einer Verwaltungsvorlage des Gemeinderats von 2011 heißt? Die Landeshauptstadt gibt einen Zuschuss von 2,5 Millionen Euro. Dazu kommen gut 700 000 Euro an Sachleistungen und Gebührenbefreiungen. Das Land bringt fünf Millionen Euro auf.

Ein wichtiger Einnahmeposten sind Eintrittsgelder, die bei bis zu 100 000 Dauergästen zwischen 3,6 und vier Millionen Euro liegen dürften. Nach Ansicht von Jörg Kopecz zeigt diese Zahl, dass eine Dauerkarte für den Kirchentag auf dem Papier zwar 98 Euro koste, der Preis durch ein „intensives Rabattsystem“ aber im Schnitt nur bei etwa 40 Euro liege. Dazu kommen circa 500 000 Euro durch Tageskarten, bei bis zu 40 000 Tagesgästen.

Durch Sponsoren und Spenden kommen 1,8 bis zwei Millionen Euro zusammen (Kopecz gibt zu: „Da hätten wir gerne mehr“), etwa durch speziell zugeordnete Projektmittel von Firmenstiftungen oder durch die „Aktion Mensch“. Ein nicht unerheblicher Rest der Kostendeckung wird von der Kirche selbst aufgebracht, für den Stuttgarter Kirchentag sind erneut 4,6 Millionen Euro eingeplant, in Hamburg waren dann aber nur 4,26 Millionen Euro nötig.

Hohe „regionalwirtschaftliche Auswirkungen“

Was die Ausgaben der Stadt Stuttgart anlangt, kann man von einem guten Geschäft für die Kommune ausgehen. So ständen den 2,5 Millionen Euro Fördersumme drei Millionen Euro gegenüber, die städtische Tochterunternehmen etwa für Mieten oder Einnahmen bei der Müllabfuhr verbuchen könnten. Der Gesamteffekt sei noch größer. So hatte eine Studie in Bremen „regionalwirtschaftliche Auswirkungen“ von 20 Millionen Euro ergeben. In Hamburg sei man von einem Gesamtwert von 20 bis 30 Millionen Euro ausgegangen, so Kopecz, Berlin rechne für den Kirchentag 2017 sogar mit 63 Millionen Euro.