In seinem Buch „Ganz oben, ganz unten“ lässt der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff einen Mangel an Einsicht erkennen. Armin Käfer listet die drei großen Vorwürfe Wulffs an Medien und Justiz auf – und entdeckt auch einen vierten Aspekt: Selbstkritik.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Eine Staatsaffäre kommt zum Abschluss: Die Staatsanwälte verzichten auf eine Revision im Korruptionsverfahren gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Damit wird der Freispruch rechtskräftig. Der Fall hat jedoch mehr als nur eine juristische Dimension. In seinem eben veröffentlichten Buch hat Wulff sich Absolution in eigener Sache erteilt. Wie ist seine Sicht der Dinge? Überzeugen seine Argumente?

 

Märtyrerrolle

„Das Wulff-Bashing begann am Tag nach meiner Nominierung für das Amt des Bundespräsidenten“, heißt es gleich in der Einleitung. „Unter den Journalisten spürte ich eine kalte Front der Ablehnung.“ Schon als die Kanzlerin den CDU-Mann für das höchste Staatsamt vorschlug, hätten sich maßgebliche Blätter „auf klarem Kurs gegen mich“ bewegt. Nach der Wahl sei ihm nicht die geringste Schonzeit vergönnt gewesen. Stattdessen, so Wulff, „verfolgte das Gros der Hauptstadt-Presse gnadenlos jede meiner Bewegungen“. Das habe sich mit seiner ersten großen Rede verschärft.

Auslöser war der einzige Satz des Kurzzeit-Präsidenten, der wohl in den Geschichtsbüchern überdauern wird: „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Wegen dieses Bekenntnisses sei er sowohl bei dem Boulevardblatt „Bild“, insbesondere bei dessen Chefredakteur Kai Diekmann, als auch bei der konservativen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in Ungnade gefallen. Die Affäre um seinen Hauskredit und andere angebliche Gefälligkeiten sei letztlich nur noch Anlass, nicht der eigentliche Grund für das „große Halali“ gewesen, das ihn in den Rücktritt getrieben habe.