Der Mannheimer Professor Roland Vaubel übt im StZ-Interview scharfe Kritik an der Berufung von Jens Weidmann zum neuen Bundesbankchef.

Stuttgart - Der Mannheimer Wirtschaftsprofessor Roland Vaubel übt im StZ-Interview scharfe Kritik an der Berufung von Jens Weidmann zum neuen Bundesbankchef ».

Professor Vaubel, der neue Bundesbank-Präsident Jens Weidmann war Doktorand bei Ihnen. Welche Erinnerungen haben Sie an die Zeit Mitte der 90er-Jahre?


Er sollte damals bei mir promovieren, aber wir haben uns nach einem Jahr einvernehmlich getrennt. Warum, das will ich nicht aufkochen. Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen.

Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Ist er denn eine gute Wahl als Bundesbank-Präsident?


Ich fürchte, dass er der Aufgabe nicht gewachsen sein wird.

Was kritisieren Sie an ihm?


Das Erste ist, dass er ein farbloser Technokrat ist. Er ist zwar ein guter Ökonometriker, kennt sich also mit Statistik und Analyse aus. Aber es fällt ihm schwer, wirtschaftspolitisch zu argumentieren. Er kann nicht gut herleiten, mit welchen wirtschaftspolitischen Instrumenten welches wirtschaftliche Problem am besten gelöst werden kann. Außerdem ist er weder ein liberaler noch ein christlich-demokratischer Ökonom. Er steht viel mehr seinem Freund Jörg Asmussen (SPD-Mitglied und Finanzstaatssekretär, Anm. d. Red.) nahe als der CDU.

Aber ist das nicht eher ein Vorteil, wenn er jetzt an die Spitze der Bundesbank wechselt, die per Gesetz unabhängig von der Bundesregierung ist?


Er ist nicht unabhängig von der Kanzlerin, die seine Karriere befördert hat.

Manche werfen ihm mangelnde Erfahrung vor. Ist er mit 42 Jahren nicht zu jung für ein solches Amt?


In seinem Fall ist das ein berechtigter Einwand.

Das sind scharfe Worte.


Ich sage nur die Wahrheit.

Wie lange wird Weidmann brauchen, um Gehör im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) zu finden?


Ich erwarte, dass er dort nicht groß auffallen wird. Er wird sehr zurückhaltend agieren, ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger, und zuverlässig Informationen an die Regierung liefern.

Der Bundesbank-Präsident ist automatisch Mitglied im EZB-Rat. Welche Position sollte Weidmann dort vertreten?


Er sollte Weber nacheifern und für die politische Unabhängigkeit der Bank kämpfen. Aber das wird er nicht tun.


Zur Person: Roland Vaubel


Der 63-Jährige ist seit 1984 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Mannheim. Er kennt Jens Weidmann gut. Vaubel ist Experte für die Struktur von Zentralbanken und internationale Währungspolitik.