Wie Geister der Vergangenheit tauchen drei Ex-RAF-Terroristen wieder auf und sorgen mit brutalen Überfällen für Schrecken. Statt um Terror geht es ihnen um Geld fürs Überleben. Warum hat die Polizei die drei ein Jahr nach Start der öffentlichen Fahndung noch nicht gefasst?

Hannover - Sie tauchten wieder auf wie aus dem Nichts: Die drei Ex-Mitglieder der Roten Armee Fraktion Burkhard Garweg (48), Daniela Klette (58) und Ernst-Volker Staub (62) sollen hinter einer brutalen Überfall-Serie stecken. Vor einem Jahr startete die Fahndung nach ihnen. Seit rund 25 Jahren leben die drei Terroristen im Untergrund, als Fahnder nach Überfällen auf Geldtransporter in Stuhr bei Bremen und in Wolfsburg ihre DNA-Spuren sichern. Trotz großer Fahndung kann das Trio weitere Überfälle begehen und wird bis heute nicht aufgespürt - und es gibt Kritik an der Arbeit der Ermittler.

 

Zwar erinnert die Brutalität der Überfälle an die Jahrzehnte zurückliegende Gewalt der RAF-Linksterroristen. Die Bundesanwaltschaft aber ist sich sicher, dass es dem Trio bloß noch um die Altersvorsorge zum Überleben im Untergrund geht. Auch wenn das Trio in Stuhr mit einem Schnellfeuergewehr auf einen Geldtransporter schießt und in Wolfsburg den Beifahrer mit einer Pistole bedroht, bleibt es ohne Beute. Von einer nachlassenden Professionalität der „RAF-Rentner“ ist die Rede, in Wolfsburg trägt einer der Kriminellen keine Maske, Zeugen können ihn beschreiben. Und der Geldtransporter in Stuhr ist bereits verriegelt, als das Trio zuschlagen will.

Aber auch bei den Fahndern läuft nicht alles rund: Nach dem ebenfalls erfolglosen Überfall auf das Kassenbüro eines Supermarktes in Hildesheim nimmt die Polizei unmittelbar danach die Verfolgung eines verdächtigen Wagens auf - wie sich herausstellt, ist es aber das falsche Auto. Wenige Wochen vor einem Überfall auf einen Geldtransporter und ein Möbelgeschäft in Cremlingen mit mehreren hunderttausend Euro Beute meldet sich ein Zeuge, der Staub auf dem Parkplatz dort erkannt haben will. Die Polizei observiert den Ort, bricht die Aktion aber wenige Tage vor dem Überfall ab. „Wir hatten die einmalige Chance, die drei festzunehmen, und haben sie vertan“, sagt ein Polizeibeamter dem „Spiegel“.

Von einer unkoordinierten Fahndung und sich behindernden Dienststellen spricht der Bund der Kriminalbeamten. Die Organisation der Ermittlungen sei „eine Katastrophe“, heißt es aus Polizeikreisen. So sei die Spurensicherung in Cremlingen unterbrochen und erst 36 Stunden später wieder aufgenommen worden. Andererseits können die Ermittler von Staub und Garweg aktuelle Fotos aus Überwachungskameras sichern und für die Fahndung nutzen - es gibt Hunderte Reaktionen. Für Hinweise zur Ergreifung der Täter wird eine Belohnung von bis zu 80 000 Euro ausgesetzt, auch über TV-Fahndungssendungen in Deutschland und den Niederlanden wird nach dem Trio gesucht.

Tatorte liegen alle im Norden Deutschlands

Wo die drei Ex-Terroristen sich aufhalten, bleibt offen. Die Tatorte und die Standorte der Autohändler, bei denen die Tatwagen gekauft wurden, liegen alle im Norden Deutschlands: Stuhr und Wolfsburg, Celle, Hannover, Oldenburg. Staub stammt aus Hamburg, Garweg hat dort gelebt. Und er hat Staub sowie Klette dort kennengelernt. Aber auch ein Leben im angrenzenden Holland wäre möglich. So weist ein niederländischer Zeitungsschnipsel in einem Tatwagen ins Nachbarland. Auch dort wollen Zeugen das Trio gesehen haben - unter anderem bei einem Pinkelstopp an der Autobahn. Nach einer Verwechselung werden sogar drei deutsche Touristen kurzzeitig von einer Spezialeinheit bei Amsterdam festgenommen - es sind aber nicht die „RAF-Rentner“.

Bevor das Trio plötzlich wieder aus der Versenkung auftauchte, war ihm zuletzt anhand von DNA-Spuren ein Geldtransporter-Überfall 1999 in Duisburg zugeordnet worden. Seit 2011, so die Ermittlungen, gehen mindestens neun Raubüberfälle auf das Konto von Staub, Garweg und Klette, sieben davon in Niedersachsen. Wie viele es tatsächlich sind, werde weiter untersucht, sagt der zuständige Verdener Staatsanwalt Lutz Gaebel. Der Verdacht, die drei könnten hinter einem Überfall Ende November in Salzwedel (Sachsen-Anhalt) stecken, bestätigte sich bisher nicht.

Den letzten Stand der Ermittlungen fasst der Sprecher des Landeskriminalamtes Niedersachsen (LKA), Frank Federau, zusammen: „Wir arbeiten nach wie vor mit Hochdruck daran. Es gibt nach wie vor Hinweise, aber keine heiße Spur.“