Renate Riek-Bauer ist noch immer Deutschlands Rekord-Volleyball-Nationalspielerin. Die 55-Jährige drückt an diesem Samstag im zweiten Endspiel um die Deutsche Meisterschaft die Daumen für Allianz MTV Stuttgart, das Dresden in der Scharrena empfängt.

Stuttgar – - Das CJD Feuerbach hat 1991 als bisher letzter Stuttgarter Volleyballclub die deutsche Meisterschaft gewonnen. Renate Riek-Bauer stand damals als Zuspielerin und Leistungsträgerin am Netz. Am Samstagabend (19.30 Uhr) wird sie in der Scharrena sitzen und Allianz MTV Stuttgart die Daumen drücken. Im zweiten Spiel der Finalserie („best of five“) um die deutsche Meisterschaft empfangen die Stuttgarterinnen den Dresdner SC, der das erste Spiel 3:2 gewonnen hat.
Frau Riek-Bauer, vor sechs Jahren haben Sie das letzte Mal in der Bundesliga gespielt. Wäre es nicht Zeit für ein Comeback?
Als was (lacht)? Ich denke auf der Zuspielposition hat der Trainer gerade keine Sorgen. Da verfügt er über zwei sehr gute Spielerinnen.
Zwischen 1989 und 1991 feierten Sie mit dem CJD Feuerbach drei deutsche Meisterschaften. Die bisher letzten für Stuttgart im Volleyball. Wie sind ihre Erinnerungen?
Ich bin damals vom erfolgreichsten deutschen Club – dem SV Lohhof – nach Stuttgart gewechselt, mit dem Ziel mit der Volleyballmannschaft des CJD Feuerbach die Nummer eins in Deutschland zu werden. Dafür haben wir hart gearbeitet. Als es dann zum ersten Mal mit dem Titel geklappt hat, haben wir unseren Erfolg richtig gefeiert. Wir konnten uns an der Spitze der deutschen Volleyballszene etablieren und unsere Mannschaft hat sich – nicht zuletzt über die Teilnahme an den europäischen Wettbewerben – kontinuierlich weiterentwickelt.
Zweimal feierten Sie sogar das Double.
Das Double zu gewinnen, ist etwas ganz außergewöhnliches. Der Pokal hat seine eigenen Gesetze. Da kann man auch mal mit etwas Losglück weiterkommen. Andererseits darf man sich keinen Ausrutscher erlauben, denn eine Niederlage bedeutet bereits das Aus. Die Meisterschaft zu gewinnen ist dagegen von besonderer Bedeutung, weil man über einen längeren Zeitraum gute Leistungen zeigen muss – beides zu gewinnen, ist großartig.
Das Kunststück könnte auch Allianz MTV Stuttgart in dieser Spielzeit schaffen. Wie schätzen Sie die Chancen gegen Dresden ein?
Ich habe den Dresdner SC in dieser Saison noch nicht live gesehen. Aber sie verfügen natürlich über sehr athletische und große Spielerinnen. Die Mannschaft ist blockstark und besitzt in Kristina Mikhailenko zudem eine überragende Spielerin. Außerdem hat sich das Team über die gesamte Saison an der Spitze etabliert. Aber die Stuttgarterinnen haben gezeigt, dass sie jeden Gegner schlagen und fast aussichtslose Situationen noch drehen können. Ich drücke der Mannschaft jedenfalls die Daumen im Kampf um die deutsche Meisterschaft .
Was muss Stuttgart abrufen, um Meister zu werden?
Mit Sicherheit werden die beiden spielerischen Elemente Aufschlag und Annahme dabei eine wichtige Rolle spielen. Stuttgart hat die Möglichkeit mit seinem schnellen und abwechslungsreichen Angriffsspiel den gegnerischen Block und damit auch das Abwehrspiel von Dresden in Bedrängnis zu bringen. Im ersten Play-off-Spiel hat die Mannschaft über weite Strecken die richtigen Mittel gefunden, darauf kann sie aufbauen. Erst in der Schlussphase haben sich Fehler eingeschlichen. Aber es ist ja noch gar nichts passiert – das Team um den Trainer Guillermo Naranjo Hernandez ist schließlich berühmt für seinen Kampfgeist.
Dresden trainiert der ehemalige Stuttgarter Alexander Waibl. Wie haben Sie ihn als Spielerin und Co-Trainerin erlebt?
Mit Alex habe ich ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Als Trainer überließ er nichts dem Zufall und konnte auch seine Spielerinnen sehr gut motivieren. Ich habe ihn als einen Volleyballer durch und durch erlebt, dabei hat er hier sehr viel in den Volleyballsport investiert und die Mannschaft letztlich in die erste Liga geführt. Er war immer davon überzeugt, dass Stuttgart einen Volleyball-Bundesligisten braucht. Wie es aussieht, fühlt er sich in seiner jetzigen Volleyballheimat Dresden sehr wohl. Ein Verein mit einer Erfolgsgeschichte, die er sicher fortschreiben will.
Besuchen Sie oft die Spiele in der Scharrena?
So oft ich kann. Weil es einfach Spaß macht, dieser Mannschaft zuzuschauen. Ich finde es vor allem beeindruckend, wie sich die Spielerinnen in schwierigen Situationen immer wieder zurückkämpfen. Jede Spielerin hat einen eigenen Charakter und ihre speziellen Stärken, die sie in das Team einbringt. So zeigen sie ein interessantes Spiel, kämpfen und bieten Volleyball, wie man ihn gerne sieht. Sie begeistern ihr Publikum in der Scharrena, und der Funke springt über. Natürlich ist man auch als Zuschauer stolz, wenn das Team um die Meisterschaft spielt. Sie haben bereits jetzt schon sehr viel geleistet und haben bewiesen, dass Volleyball eine tolle Sportart ist.
Sind Sie mit der Entwicklung des Clubs seit Ihrem Abschied zufrieden?
Absolut! Die Mannschaft hat Volleyball wieder zum sportlichen Leckerbissen gemacht. Und für ihre tollen Leistungen wird sie jetzt belohnt. Es war schon zu meiner aktiven Zeit unser Ziel, gute Bedingungen für den Volleyballstandort Stuttgart zu schaffen. Damals war es ungemein wichtig für eine neue Halle zu kämpfen, mit der Scharrena ist dies auch gelungen. Aus heutiger Sicht ist die Rechnung also absolut aufgegangen. Aber eine gute Halle allein macht noch keinen Erfolg. Das Erstaunliche ist vielmehr, dass sich die Mannschaft trotz der vielen Neuzugänge so schnell gefunden hat. Denn im Volleyball steht und fällt alles mit der Teamleistung. Dazu gehören natürlich auch ein gutes Trainergespann und die „unsichtbaren“ Helfer.
Dem Club fehlt wohl das Geld für eine Champions-League-Teilnahme. Was bedeutet das für den Volleyballstandort Stuttgart?
Es wäre schade, weil die Champions League super in die aktuelle Situation des Clubs passen würde. Und für die Spielerinnen wäre es sicherlich auch eine große Enttäuschung. Sie haben hart gearbeitet und würden jetzt nicht die Belohnung dafür bekommen. Ich habe die internationalen Spiele immer als richtig spannend erlebt. Es ist einfach etwas Besonderes, wenn man sich international behaupten muss – nochmal eine andere Ebene als die Liga oder der Pokal. Allerdings bedeutet es auch einen höheren Zeitaufwand für die Spielerinnen.
Ein Comeback als Spielerin haben Sie ausgeschlossen. Könnten Sie sich eine Rückkehr in einer anderen Position vorstellen?
Ich glaube, da herrscht gerade kein Bedarf. Der Club hat schon einen tollen Betreuerstab. Außerdem habe ich ja eigentlich schon alles gemacht. Ich habe lange gespielt, war dann Co-Trainerin und habe in dieser Zeit durch meinen Mann die Arbeit des Managements miterlebt. Ich glaube es ist gut, wenn das jetzt andere machen. Klar freue ich mich auf die nächsten Spiele der Mannschaft – aber nur als Zuschauerin mit einem Kaffee und einer Brezel in der Hand.