Die Stadt investiert noch vor dem Baubeschluss 70 000 Euro in die Umsiedlung von schützenswerten Tieren.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die Esslinger Stadtverwaltung drückt bei der umstrittenen Bebauung der Kaltluftschneise Greut zwischen den Stadtteilen Serach und Hohenkreuz aufs Tempo. Zwar gibt es noch keinen Baubeschluss für das Greut, dennoch hat der Ausschuss für Technik und Umwelt in seiner jüngsten Sitzung grünes Licht für die Umsiedlung von Zauneidechsen aus dem Greut in ein nahegelegenes Biotop gegeben.

 

Im Greut leben schützenswerte Vögel und Fledermäuse

Diese Maßnahme sei notwendig und müsse noch im Oktober ausgeführt werden, solle der geplante Baubeginn im Herbst 2018 eingehalten werden, argumentierte der Leiter des Esslinger Grünflächenamts Burkhard Nolte. In der Vorbereitung der Baumaßnahme hatte die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung ein Gutachten für das Greut erstellt. Dabei hatten die Mitarbeiter im Greut unter anderem schützenswerte Vogel- und Fledermaussarten, aber auch Zauneidechsen entdeckt, deren Umsiedlung nach dem Bundesnaturschutzgesetz vor Beginn der Baumaßnahmen abgeschlossen sein muss. Es soll – so steht es in der Vorlage – „eine ökologisch-funktionale Kontinuität ohne zeitliche Lücke gewährleistet werden“.

Im Oktober will das Grünflächenamt nun die im Greut lebenden Zauneidechsen zusammentreiben, einsammeln und dann in einen neuen Lebensraum umsiedeln. Den hat das Grünflächenamt zusammen mit den Fachleuten vom Tierschutz nicht allzu fern vom Greut entdeckt. Die neue Heimat soll ein Grundstück unterhalb des Arboretums in Serach werden, auf dem sich auch Trockenmauern als idealer Lebensraum für die Zauneidechsen befinden. Die räumliche Nähe zum künftigen Baugebiet und die dort vorhandene Landschaftsstruktur habe den Ausschlag für den Standort gegeben, erläuterte Burkhard Nolte. Dort böten sich die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche und nachhalte Ansiedlung. Denn klar sei: „Wir hoffen natürlich, dass sich die Zauneidechsen dort so wohl fühlen, dass sie auch dort bleiben.“ Begleitet wird die Umsiedlungsmaßnahme, für die immerhin 70 000 Euro veranschlagt sind, von einem Monitoringprozess. So soll auch sichergestellt werden, dass die umgesiedelten Zauneidechsen tatsächlich nicht ins Greut zurückkehren oder dass andere Artgenossen bis zum Baubeginn den nun frei werdenden Lebensraum besiedeln.

Grüne kritisieren die Vorgehensweise

Die vorgezogene Artenschutzmaßnahme stieß nicht bei allen Esslinger Ausschussmitgliedern auf Zustimmung. „Es gibt noch überhaupt keinen Beschluss, dass das Greut bebaut wird. Aber es werden so dennoch schon Fakten geschaffen“, bemängelte die Grünen-Fraktionschefin Carmen Tittel das Vorgehen der Verwaltung. Es möge ja sein, dass der Architekturwettbewerb für das Greut gute Ergebnisse gebracht habe – auch die Grünen-Vertreterin in der Jury hatte den vor kurzem gekürten Siegerentwurf mitgetragen. Aber, so Carmen Tittel: „Die Stelle, an der gebaut werden soll, ist in jedem Fall schlecht.“