Deutschland hat 2015 seine Position als Exportweltmeister ausgebaut. Um sich angesichts der Krisen weiter zu behaupten, sind die Unternehmen auf positive Überraschungen bei den Abnehmerländern angewiesen, meint Thomas Thieme.

Stuttgart - Flüchtlingskrise in Europa, Russlandkrise, Syrienkonflikt, Ölpreisverfall, Wachstumsflaute in China, Schuldenkrise in Griechenland: das Jahr 2015 war wahrlich nicht arm an Krisen. Und was steht am Ende? Deutschland baut seine Position als Exportweltmeister aus. Die Ausfuhren bleiben der Konjunkturmotor für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. Daran können nicht einmal die Probleme der derzeit größten Sorgenkinder Russland und China etwas ändern. Die Ausfuhren in den russischen Markt, der von Rezession, Ölpreisschock und westlichen Sanktionen gebeutelt ist, sind im zweiten Jahr in Folge um rund ein Viertel abgesackt und die Exporte in die Volksrepublik zum ersten Mal seit 1997 gesunken.

 

Ungeachtet der Schummeleien von VW erfreuen sich Waren made in Germany nach wie vor großer Beliebtheit in der Welt. Gerettet hat die Exporteure vor allem der niedrige Eurokurs, der die Produkte im Ausland günstiger macht. Doch auch die Erholung des US-Marktes – der Frankreich als wichtigsten Exportkunden abgelöst hat –, die anspringende Konjunktur in der Eurozone sowie der massive Anstieg der Ausfuhren nach Großbritannien haben die deutschen Exporte um 6,4 Prozent auf knapp 1,2 Billionen Euro ansteigen lassen.

Exportüberschuss von 248 Milliarden Euro

Obwohl auch die Einfuhren um 4,2 Prozent gestiegen sind, steht unter dem Strich ein Exportüberschuss von 248 Milliarden Euro – ebenfalls ein Rekord. Der dürfte die EU-Kommission auf den Plan rufen, entspricht er doch rund acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts und liegt damit zwei Prozentpunkte über der von Brüssel vorgegebenen Höchstgrenze zur Wahrung der Stabilität in Europa. Allerdings ist der Überschuss im Euroraum seit der Finanzkrise sukzessive zurückgegangen auf mittlerweile noch 8,5 Milliarden Euro, da die Importe aus den Nachbarstaaten gestiegen sind. Die Kritik, Deutschlands Erfolg gehe zulasten der südeuropäischen Krisenstaaten, ist daher nur bedingt berechtigt.

Die deutschen Exporteure sind prinzipiell gut aufgestellt, doch insbesondere die drohenden Ausfuhrkontrollen in Europa infolge der Flüchtlingskrise bereiten ihnen Sorgen. Ob 2016 trotzdem ein Jahr der Rekorde werden kann, hängt vor allem davon ab, ob es erneut gewichtige Ausreißer nach oben gibt, die krisenbedingte Einbrüche an anderer Stelle wettmachen.