Die IT ist keine deutsche Domäne. Das bietet Google & Co Chancen. Hohe Börsenkurse sind ihre stärkste Waffe, meint StZ-Wirtschaftsredakteur Michael Heller.

Stuttgart - Die Schwerpunkte sind klar: In den Vereinigten Staaten dominieren Konzerne, die mit ihren Angeboten tief in der Computer- und Internetwelt verwurzelt sind; Europa setzt hingegen auf die Industrie – Deutschland ganz ausgeprägt, die Nachbarn zumindest selektiv. Geht es nach der Rangliste der Börsenwerte, dann kann es keinen Zweifel darüber geben, wer die Nase vorne hat: Apple, Google & Co. Das ergibt eine Studie von Ernst & Young.

 

Aktienkurse sind freilich nicht alles. Die Vergangenheit hat schon häufig gezeigt, dass die Erwartungen, die die Kurse in hohem Maße prägen, keineswegs immer in Erfüllung gehen müssen – die Kursblase der Jahre des New-Economy-Hypes ist noch in allzu schlechter Erinnerung. Deutschland hat keinen Grund sich zu verstecken, wird von den Amerikanern gar zum Vorbild genommen. Nicht nur US-Präsident Barack Obama weiß, dass es ein Fehler war, die Güterproduktion aus der Hand zu geben und sich allzu sehr auf Dienstleistungen zu konzentrieren. Auch die EU betrachtet das Schrumpfen des Industrieanteils als Gefahr und versucht gegenzusteuern.

Das immer stärkere Hineinwachsen von Internet, Computer und Datenwirtschaft in die Industrie bietet die große Chance, Versäumnisse wettzumachen und sich neue Wachstumsfelder zu erschließen – was für die deutschen Unternehmen eine Gefahr darstellt. Abgesehen vom Leuchtturm SAP hat die heimische (und auch die europäische) IT-Wirtschaft wenig zu bieten, wenn es darum geht, die Digitalisierung der Industrie („Industrie 4.0“) voranzutreiben. Es ist illusorisch zu glauben, dass sich irgendwann noch ein deutsches Google-Äquivalent entwickeln könnte. Aber sicher ist auch, dass die deutsche Wirtschaft sehr viel stärker als bisher entsprechende Kompetenz aufbauen muss.

Das ist schwierig, aber wahrscheinlich sogar leichter als die Aufgabe der Amerikaner, sich verloren gegangenes Industrie-Knowhow mühsam wieder anzueignen. Aber das müssen die Amerikaner gar nicht, und da kommt dann die Börse wieder ins Spiel. Die hohen Bewertungen erlauben es den US-Unternehmen, sich einfach die Expertise zu kaufen, die sie brauchen.