Zu welcher Strafe der Bauunternehmer am Ende auch immer verurteilt wird, an den Grundproblemen wird das wenig ändern. Es gibt hunderte von Ranas in Bangladesch. Die Textilindustrie weist teilweise mafiöse Züge auf und hat enge Verflechtungen mit der Politik, die ihre schützende Hand über sie hält. Auch Rana war politisch aktiv, angeblich abwechselnd für eine der beiden großen Volksparteien.

 

Die Textilindustrie ist Bangladeschs wichtigster Wirtschaftszweig. Die Branche beschäftigt fast vier Millionen Menschen, darunter viele Frauen, und setzt 20 Milliarden Dollar im Jahr um. Bangladesch ist der zweitgrößte Textilexporteur nach China. Das Land bietet den Westfirmen fast konkurrenzlos niedrige Löhne. Manche Näherinnen verdienen weniger als 30 Euro im Monat. Fabrikunglücke sind Alltag. Bangladesch ist für seine Gebäudemängel und seine schlechte Arbeitssicherheit berüchtigt. Zuletzt kamen im November bei einem Fabrikbrand 112 Menschen ums Leben. Dennoch weigern sich die großen West-Konzerne bis heute, einem nationalen Sicherheitsplan der Gewerkschaften zuzustimmen. Aktivisten sehen die Textilketten in der Pflicht. Diese müssten ihre Macht nutzen, um die Besitzer zu zwingen, für mehr Arbeitssicherheit zu sorgen.

Die Europäische Union erwägt laut einer Erklärung von Dienstagabend, Handelsvergünstigungen für Bangladesch zurückzunehmen, sollten die Arbeitsbedingungen nicht verbessert werden. Derzeit erhebt die EU als größter Handelspartner keine Zölle auf die meisten im Land gefertigten Produkte.