Die Facebook-Manie beschäftigt nach den Ereignissen in Backnang vom vergangenen Wochenende nun auch Konstanz und Ulm. Die Landespolizei tüftelt bereits an einem Leitfaden.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm/Konstanz - Dass nichts passiert an diesem Samstag ist die große Hoffnung der Verwaltungsspitzen in Konstanz und Ulm. Das Facebook-Partyvolk ist mal wieder los, es will sich an den Ulmer Donauwiesen sammeln und im Freibad Horn am Bodensee. Codename der Initiatoren in beiden Fällen: „Project-X“. Vorbild ist ein gleichnamiger Kinofilm, in dem drei Jugendliche eine Geburtstagsparty im elterlichen Domizil starten, zu der jedermann eingeladen ist. Die Handlung geht dann in Feuer und Zerstörung auf. In der Filmbeschreibung steht: „Ziel ist es, besser bei den Gleichaltrigen anzukommen und gleichzeitig endlich einmal in den Fokus des weiblichen Geschlechts zu geraten.“

 

Den Film dürften wenige Erwachsene kennen, die Bilder vom 30. Juni, als in Backnang eine illegale Facebook-Party mit rund 1000 Teilnehmern in Zusammenstößen mit starken Polizeikräften endete, sind dafür sehr präsent. Auch die Backnanger Internetinitiatoren – zwei von ihnen sind mittlerweile namhaft gemacht worden – hatten ihr spezielles „Project- X“ ausgerufen. Dieses jüngste Erlebnis dürfte den Verantwortlichen der Stadt Ulm im Hinterkopf gesessen haben, als sie Wind von der Facebook-Einladung eines 22-Jährigen bekamen.

Ulm reagiert entschieden auf die Partypläne

Tausende Facebook-User hatte der junge Mann eingeladen und rund 2000 Zusagen erhalten. Am Abend sollte die große Sause am Ulmer Donauufer starten. Zur selben Zeit wird ebenda jedoch das Donaufest eröffnet, im Beisein von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und dem EU-Kommissar Günther Oettinger.

Die Stadt Ulm reagierte am Dienstag mit Entschiedenheit auf die Partypläne, die laut einer Sprecherin der Stadt nirgendwo angemeldet wurden. Per Allgemeinverfügung wurde jede Form einer „unkoordinierten Massenveranstaltung“ verboten, und zwar im gesamten Stadtgebiet und bis einschließlich Sonntag.

Ähnlich handhabt die Stadt Konstanz die Ankündigung einer Facebook-Party im Freibad Horn, die ebenfalls an diesem Samstag beginnen sollte und von niemandem angemeldet wurde. Jemand wollte Geburtstag im Stil des Project-X-Films feiern. Rund 12 000 verschickte Einladungen, 2500 Zusagen bis zum Donnerstag, das reichte der Stadt bei Weitem für ein Verbot, das „alle über Internetforen/soziale Netzwerke organisierten Veranstaltungen im gesamten Stadtgebiet“ umfasst. Der Konstanzer OB Horst Frank sagte bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz: „Ab einer bestimmten Größenordnung ist die Gefahr groß, dass etwas passiert.“

Die Verbote haben weitreichende Folgen

Ausführliche Informationen und Begründungen der Städte waren nötig, denn die Verbote haben weit reichende Folgen. Die Konstanzer Bäder GmbH hält das Freibad Horn am Samstag den ganzen Tag über aus Sicherheitsgründen geschlossen. Zu groß ist die Angst, dass Hunderte Jugendliche, wie in Backnang, das Verbot einfach ignorieren.

Die Polizei in Konstanz wird mit verstärkten Kräften patrouillieren. So kommt es auch in Ulm. Das Donaubüro Ulm, Veranstalter des Donaufestes, hat einen privaten Sicherheitsdienst angeheuert, der ungebetene Gäste vom Festgelände fernhalten soll, auch an der Donau will die Polizei keine Spontanaktionen dulden. Die angekündigten Strafen klingen in beiden Fällen ernst. Bei Zuwiderhandlungen soll es Platzverweise geben, nötigenfalls die „Anwendung unmittelbaren Zwangs“, Bußgelder bis in Höhe von 5000 Euro. In Ulm hängt das Partyverbot in Bussen und Straßenbahnzügen aus.

Polizei stöhnt unter der steigenden Zahl von Facebook-Partys

Schon lange ächzen die örtlichen Polizeiposten im Land unter der steigenden Zahl spontaner Facebook-Partys. Laut einem Sprecher des Innenministeriums sind im vergangenen Jahr 40 solcher Massenspektakel mit insgesamt rund 10 000 Teilnehmern gezählt worden. „Im Haus wird aufgrund der vermehrten Vorfälle geprüft, ob man einen Leitfaden für alle Polizeidienststellen entwickelt“, sagt der Sprecher. Der 22-Jährige aus der Nähe von Ulm hat mittlerweile seine Partyeinladung zurücknehmen müssen. Im Lokalfernsehen kommentierte er die Dinge auf wenig überraschende Weise: „Das wird alles überbewertet. Die Leute stressen ganz viel. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.“