Vor Facebook wird zwar nicht gewarnt. Aber was den Mitgliedern der Community Grausiges widerfahren kann, zeigt Veit Etzold mit großer Detailfreude auf.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - So ist das mit diesem Facebook: erst wollen alle rein und dann kommt der große Katzenjammer. Das muss noch nicht einmal eine böse Börsenüberraschung sein. Oder eine neugierige Schufa. Es reicht, wenn Mitglieder der Community unversehens aufgeschlitzt und ausgenommen werden.

 

Veit Etzold, Jahrgang 1973 und für eine Arbeit über „Matrix“ zum Dr. phil. promoviert, lässt in seinem Thriller „Final Cut“ für ein paar seiner Figuren das Virtuelle auf besonders grausige Weise zum Realen werden. Sie fallen einem Mörder zum Opfer, der unversehens vor ihrer Tür steht wie seinerzeit Edgar Wallace’ Frosch mit der Maske. Der Mann geht – Facebook sei Dank – so umsichtig ans Werk, dass keiner die Opfer vermisst. Erst als der Täter selbst der Polizei einen Wink gibt, wird die Sache ruchbar und eine Leiche nach der anderen kommt ans Licht.

Mit Genuss und Vorsatz Hühnchen rupfen

Gegenspieler des „Namenlosen“, wie der Serienkiller sich nennt, ist die Hauptkommissarin Clara Vidalis, die ihrerseits mittelbares Opfer eines anderen psychopathischen Mörders ist: ihre jüngere Schwester ist Jahre zuvor brutal getötet worden, seither leidet Vidalis unter schweren Schuldgefühlen. Ob die dadurch besser werden, dass der Namenlose, der in Wirklichkeit den vielsagenden Namen Vladimir Schwarz trägt, mit dem Mörder ihrer Schwester auch noch ein Hühnchen zu rupfen hat (was er denn auch mit Genuss und Vorsatz tut), sei einmal dahingestellt.

Auf jeden Fall hat Veit Etzold aus dem alten Geschichtenmuster vom früh Misshandelten, der zum ebenso genialen wie erbarmungslosen Rächer wird, eine spannungsvolle moderne Variante geschaffen. Dazu noch eine, die auch von Leuten verstanden wird, die nicht bei diesem Facebook sind.

Veit Etzold: Final Cut. Bastei Lübbe. 446 Seiten. 8,99 Euro