Für eine Milliarde Dollar kauft das soziale Netzwerk Facebook den Fotodienst Instagram. Viele Nutzer der populären App sehen die Übernahme eher kritisch.

Stuttgart - Es ist der bislang größte Kauf in der Firmengeschichte von Facebook: eine Milliarde Dollar (760 Millionen Euro) investiert das soziale Netzwerk, das rund 850 Millionen Mitglieder zählt, in den Fotodienst Instagram. Mit Hilfe der erst vor zwei Jahren an den Start gegangenen App hatten zuletzt 30 Millionen Nutzer etwa fünf Millionen Fotos pro Tag hochgeladen, mit Kommentaren versehen und neben Facebook auch über andere angebundene Dienste wie Twitter oder Tumblr verbreitet – und das obwohl das Programm bis vor Kurzem nur für Apple-Geräte verfügbar gewesen war. Als vergangene Woche erstmals auch eine Version des Programms für das Google-Betriebssystem Android auf den Markt kam, wurde sie innerhalb eines Tages eine Million Mal heruntergeladen.

 

Enormes Wachstumspotenzial

Dieses enorme Wachstumspotenzial war wohl einer der Gründe, warum Facebook-Boss Mark Zuckerberg schon seit Längerem ein Auge auf Instagram geworfen hatte – obwohl das Unternehmen keinen nennenswerten Umsatz vorweisen kann.

Der Übernahmepreis von einer Milliarde Dollar dürfte für Facebook kein Problem sein. Schließlich bereitet sich das Unternehmen auf einen gigantischen Börsengang in wenigen Wochen vor und strebt eine Bewertung von 100 Milliarden Dollar an. Facebook will die Übernahme von Instagram noch in diesem Jahr abschließen. Bezahlt werden soll mit Bargeld und eigenen Aktien.

Angebot bereits 2011 gemacht

Laut „Wall Street Journal“ hatte Zuckerberg den beiden Instagram-Gründern Kevin Systrom und Mike Krieger bereits 2011 ein Angebot gemacht, das diese damals aber mit Hinweis auf ihre Unabhängigkeit ablehnten. „Instagram wird weiter bestehen bleiben“, versprach Systrom nun prompt nach dem am Osterwochenende doch unter Dach und Fach gebrachten Megadeal. Facebook wolle Instagram sogar um einige Anwendungen erweitern.

Google hatte im Jahr 2006 ähnlich agiert, als es das Videoportal Youtube für 1,65 Milliarden Dollar übernommen hatte. Analysten hatten den Schritt damals zunächst kritisiert. Die Übernahme machte Google jedoch zum Schwergewicht im Bereich Internetvideos und ermöglichte dem Konzern Webung auf neue Formate auszudehnen.

Facebook-Profil ist kein Muss

Die Instagram-Nutzer sollen ihre Fotos auch weiterhin in andere soziale Netzwerke senden können. „Wir denken, es ist ein wichtiger Teil der Erfahrung, dass Instagram mit Diensten jenseits von Facebook verbunden ist“, schrieb Mark Zuckerberg kurz nach Bekanntwerden der Übernahme auf seiner Facebook-Seite. Zudem werde auch kein Instagram-Nutzer gezwungen, sich ein Facebook-Profil anzulegen.

Dass Facebook nun erstmals diesen Weg geht, erklärt die Analystin Rebecca Lieb in der „New York Times“ mit der großen Bedeutung des mobilen Marktes; dort haben die Facebook-Konkurrenten Twitter und Google deutlich die Nase vorn. „Wir wissen noch nicht wie Facebook auf mobilen Plattformen Geld verdienen will“, so Lieb. Der erste Schritt sei jedoch, Facebook auf Handys und Tablet-PCs nutzerfreundlicher zu machen – was mit dem einfach anzuwendenden Instagram gelingen könne.

Als Werbeplattform erst im Kommen

Erste Unternehmen, wie etwa das Modelabel Marc Jacobs, haben Instagram als Werbeplattform für sich entdeckt. Auch Prominente wie US-Präsident Barack Obama oder der kanadische Sänger Justin Bieber nutzen das Programm für ihre Bilder.

Die Instagram-Nutzer verbringen laut dem US-Marktforschungsinstitut Comscore im Durchschnitt siebeneinhalb Stunden im Monat auf der Seite – länger als bei jedem anderen sozialen Netzwerk. Genau solche Zahlen sind es, die auch die Marketingspezialisten bei Facebook interessieren. Erzielte das Unternehmen 2011 doch 85 Prozent seiner Einnahmen in Höhe von 3,1 Milliarden Dollar mit Werbung.

Fangemeinde sieht Übernahme kritisch

Bei der Instagram-Fangemeinde wird die Übernahme kritisch gesehen. So kursierten bei Twitter kurz nach Bekanntwerden des Megadeals zahlreiche Nachrichten verärgerter Nutzer. Von „Irgendwie ist Instagram jetzt nur noch mittelcool“ über „Erinnere mich noch an die Schwüre von Yahoo, als sie Flickr (ein Online-Bilderalbum; Anmerkung der Redaktion) kauften – Monate später musste ich einen Yahoo-Account einrichten“ bis hin zu „Instagram-Account löschen und die Bilder retten – so geht’s“ lauteten Kommentare.