Firmen fehlt das Fachpersonal, doch erfahrene Kräfte können körperliche Tätigkeiten nicht bis zur Rente machen. In einem Verbundprojekt werden Lösungen gesucht.

Ditzingen - Wie werden Wissen und Erfahrung in einem Unternehmen weitergegeben? Theoretisch ist das einfach: Der ältere Mitarbeiter lernt den jüngeren an, bis dieser die Arbeit selbstständig erledigt. Praktisch stellt diese Frage etliche Unternehmen vor Herausforderungen: Einerseits fehlen in einer alternden Gesellschaft die Nachwuchskräfte, andererseits wird angesichts der Rente mit 67 länger gearbeitet – auch in Bereichen, in denen mancher seine Arbeit in diesem Alter nicht mehr leisten kann.

 

Zum Beispiel die Servicetechniker im Außendienst. Deren Tätigkeit sei „körperlich schwere Arbeit“, sagt Gerd Duffke mit Blick auf tonnenschwere, meterhohe Maschinen. Der langjährige Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats des Maschinenbauers Trumpf wirbt deshalb dafür, den Mitarbeitern von Beginn an Perspektiven im Betrieb aufzuzeigen. Der Servicetechniker etwa könnte nach und nach zum Schulungstrainer oder Praxisausbilder werden, sagt Duffke, der Programmleiter für Weiterbildungskonzepte ist. Für ihn ist das eine Form der Wertschätzung der Mitarbeiter. „Ihnen wird signalisiert, dass man sie wahrnimmt“ – auch wenn sie nicht in der Zentrale, sondern irgendwo im Land beim Kunden sind.

Diese Servicetechniker stehen im Fokus eines Projekts, das vom Bund gefördert und der Universität Stuttgart wissenschaftlich begleitet wird. Am Stammsitz von Trumpf in Ditzingen fand dazu unlängst ein Symposium statt. Den rund 180 Vertretern aus Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft wurden Ergebnisse des Verbundprojekts Epo-Kad vorgestellt. Epo-Kad steht für den sperrigen Titel „Erschließung des Potenzials älterer Mitarbeiter durch lebensphasenorientiertes Kompetenzmanagement und Arbeitsprozessgestaltung in industriellen Dienstleistungen“. Gefördert wird das dreijährige Pilotprojekt vom Bundesforschungsministerium.

In dem Verbund kooperieren sowohl die Universität Stuttgart, das Bildungshaus der IHK Region Stuttgart, das Festo-Lernzentrum Saar, das Stuttgarter Forschungsinstitut Ipri sowie eben der Maschinenbauer Trumpf. Trumpf bringt sich innerhalb des Verbunds mit dem eigenen hausinternen Programm „Fit for Service“ ein. In diesem werden Mitarbeitern frühzeitig Alternativen aufgezeigt. Dafür wurde das Ditzinger Unternehmen vergangene Woche in Ludwigsburg mit dem dritten Preis des „Demografie Exzellenz Awards“ ausgezeichnet. Träger des erstmals bundesweit ausgetragenen Unternehmenswettbewerbs ist unter anderem das Demographie Netzwerk (ddn). Dieses wiederum dient als Plattform zum Wissensaustausch, während Detailfragen in speziellen Projekten wie Epo-Kad ausgearbeitet und firmenspezifisch etwa in „Fit for Service“ umgesetzt werden.

Die Uni Stuttgart begleitet das Projekt, auch weil der Bedarf an Servicetechnikern offenbar kräftig steigt. „Keine Anlage wird heute verkauft ohne einen Wartungsvertrag“, sagt Bernd Zinn. Ziel des Professors für Berufspädagogik mit Schwerpunkt Technikdidaktik ist es, den unsystematischen Wissenstransfer – der Jüngere lernt, in dem er dem Älteren über die Schulter schaut – systematisiert. Es entstehen unter anderem Lehrfilme.

Trumpf ist freilich nicht die einzige Firma, die sich mit dem Wissenstransfer und neuen Arbeitszeitmodellen befasst. Bosch fördert den weltweiten Austausch auch über das Intranet. Und Mann und Hummel, Zulieferer für die Maschinenbau- und Automobilindustrie, beschäftigt die Mitarbeiter in seinem größten Filterwerk in Niederbayern nach eigenen Angaben in 113 verschiedenen Teilzeitmodellen.

Für Gerd Duffke wiederum ist der Preis zwar Ansporn, aber auch ohne die Auszeichnung würde er nicht bei den Servicetechnikern Halt machen. „Fit for Kitchen“ heißt ein Plan für die Küchenmitarbeiter. Schließlich gebe es auch im Betriebsrestaurant belastende Arbeiten, sagt er. Er ist davon überzeugt, dass es dafür Lösungen gibt. „Wenn man sich damit befasst, findet man auch etwas.“