In Baden-Württemberg fehlen Fachkräfte. Flüchtlinge, die in den Südwesten kommen, sollen deshalb schneller und einfacher ins Berufsleben starten können. Das ist der Plan von Wirtschaftsminister Schmid.

Stuttgart - Flüchtlinge sollen den Firmen im Land im Kampf gegen den Fachkräftemangel helfen. Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) will sich deshalb verstärkt um langfristig geduldete Flüchtlinge und junge Asylbewerber kümmern, die eine Ausbildung machen wollen. Dafür soll insbesondere das Angebot an Sprachkursen ausgebaut werden. „Sprachförderung ist der Schlüssel“, betonte Schmid am Montag nach einem Treffen der „Allianz für Fachkräfte“. „Ohne Deutsch geht nix.“

 

Seit Herbst dürfen Asylbewerber und Geduldete schon nach drei Monaten statt wie bisher nach neun Monaten arbeiten, falls es für die entsprechende Stelle keinen geeigneten EU- oder deutschen Bewerber gibt. Langfristig geduldete und gut integrierte Flüchtlinge seien „das am schnellsten zu gewinnende Fachkräftepotenzial“, sagte Schmid. Gut 14 000 Flüchtlinge im Land seien im vergangenen Jahr erwerbsfähig gewesen, sagte Christian Rauch, Chef der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit. Gut ein Drittel davon seien geduldete und gut integrierte Flüchtlinge.

Allerdings seien die Hürden, einen Job zu finden, trotzdem hoch. Neben fehlenden Deutschkenntnissen sei es schwierig, überhaupt einen passenden Job zu finden. Nach der Modellregion Freiburg sollen deshalb auch in Ludwigsburg, dem Neckar-Alb-Kreis und im Ortenaukreis drei Arbeitsvermittler eigens für Flüchtlinge eingesetzt werden, sagte Rauch.

Auch Berufsabschlüsse sollen einfacher anerkannt werden. Wenn allerdings Dokumente fehlen, führe kein Weg daran vorbei, dass Prüfungen nachgemacht werden, sagte Harald Unkelbach, Vizepräsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK).

Darüber hinaus soll jungen Flüchtlingen der Weg in eine Ausbildung erleichtert werden. Auch hier sieht Schmid einen greifbaren Nutzen für die Firmen im Land. So waren im September zu Beginn des Ausbildungsjahres in Baden-Württemberg 5900 Ausbildungsplätze unbesetzt. „Jugendliche werden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch hierbleiben“, sagte Schmid. Allerdings könne die „Allianz für Fachkräfte“, in der neben Vertretern von Ministerien unter anderem auch Verbände und Kammern, auch Kirchen und Gewerkschaften zusammenarbeiten, nicht alle Hindernisse aus dem Weg räumen.

So müsse man „auf Bundesebene vorstellig werden“, sagte Schmid, um die Voraussetzungen für ausbildungsbegleitende Hilfestellungen zu schaffen, die den Jugendlichen bislang erst nach fünf Jahren gewährt würden. Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren des Bundesarbeitsministeriums sei bereits im Gange. Schmid will versuchen, den Vorstoß dort einzubringen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und andere Länderchefs hatten sich vergangene Woche außerdem dafür ausgesprochen, jungen Asylbewerbern mindestens für die Dauer einer Berufsausbildung in Deutschland einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu gewähren.

Komplizierter dürfte es werden, den geduldeten Flüchtlingen einen „Spurwechsel“ vom Asylverfahren aus humanitären Gründen in die wirtschaftliche Zuwanderung zu ermöglichen, um ihnen den Aufenthalt zu sichern. Er hoffe, dass noch in diesem Jahr Überlegungen dazu angestellt würden, sagte Schmid.