Auf Einladung des Bad Boller Vereins Friends of Ruanda hospitieren drei Hotel- und Gastronomie-Fachlehrer im Schwabenland. Sie sammeln Erfahrungen, um sie in ihrem Heimatland an ihre Schülerinnen und Schüler weiterzugeben.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Die Teller stehen bereit. In der Pfanne brutzelt ein Schweinefilet. Auch die Waldpilzrahmsoße ist so gut wie fertig. Jetzt gilt’s: Die Spätzle müssen ins Wasser. Vincent Kagabo schnappt sich die Presse, streicht den einen Teigbatzen in den Zylinder – und drückt den Kolben langsam nach unten. „Alles frisch“, sagt er mit einem breiten Grinsen und zeigt, dass er die Philosophie des Bad Boller Badhotels Stauferland schon verinnerlicht hat.

 

Eigentlich unterrichtet der 28-Jährige an einer Hotel- und Gaststättengewerbefachschule im ruandischen Nyundo-Rugerero. Zusammen mit einer Kollegin und einem Kollegen ist er jetzt für drei Monate nach Deutschland gekommen, genauer gesagt in den Kreis Göppingen, um sich weiterzubilden. Möglich gemacht hat dies der Bad Boller Verein Friends of Ruanda, der auch das Schulprojekt initiiert hat. Begonnen hat die Hospitation an der Landesberufsschule der Dehoga in Bad Überkingen.

Inzwischen stecken die drei Pädagogen bereits mitten in der Praxis: Die 24 Jahre alte Assoumpta Umubyeyi arbeitet im Gastronomie- und Servicebereich der Evangelischen Akademie mit, der 40-jährige Innocent Ndahiriwe im Göppinger Hotel Hohenstaufen und Vincent Kagabo eben im Badhotel Stauferland. Kochen und Hauswirtschaft, Rezeption und Service, Planung und Organisation: die Stationen, die es zu durchlaufen gilt, sind vielfältig. Betreut werden sie von den Fachleuten in den jeweiligen Betrieben – und natürlich von den Mitgliedern der Friends of Ruanda.

Nur positive Rückmeldungen

Nur positive Rückmeldungen

Federführend zeichnet Martin Vincentz für den Austausch verantwortlich. Er hat die Kontakte hergestellt und steht als Ansprechpartner zur Verfügung. „Wir sind bei den Hoteliers und Gastronomen auf offene Ohren gestoßen und haben auch sonst sofort und völlig unbürokratisch Unterstützung bekommen“, sagt er. Bis jetzt fielen die Rückmeldungen ausgesprochen positiv aus, ergänzt er. Heiko May, der Stauferland-Küchenchef kann dies nur bestätigen: „Das Arbeiten mit Vincent ist sehr angenehm. Er versteht bereits die meisten deutschen Fachbegriffe und spricht besser englisch als die meisten von uns.“

Vincent Kagabo gibt das Lob zurück: „Wir haben uns willkommen gefühlt und können uns nur für alles bedanken, bei der Schule, bei den Betrieben und bei den Friends of Ruanda, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre.“ Für ihn sei jeder Tag spannend und sehr lehrreich. „Vor allem die Techniken, das exakte Timing und der schnelle und gute Service, darüber kannst du zwar in Büchern lesen, aber du glaubst es nicht, weil du es für unmöglich hältst“, fügt er hinzu. Am vergangenen Wochenende etwa seien für eine Gesellschaft rund 100 Gedecke in nur drei Minuten ausgegeben worden.

Europäische Standards für Ruanda

Europäische Standards für Ruanda

Dass seine Schüler von dem, was er gerade lernt, profitieren, steht für Kagabo fest. „Die sollen nach ihrer Schulzeit in guten Hotels in Ruanda, in denen es nur wenig einheimisches Fachpersonal gibt, tätig sein. Da ist europäischer Standard erwünscht, auch wenn es dort nicht unbedingt Spätzle zu essen gibt“, betont er.

Derweil sorgen die Friends of Ruanda nicht nur für einen möglichst reibungslosen Verlauf der Fortbildung, sondern auch für Familienanschluss. Eliphaz Ntibizerwa, der Vorsitzende des Vereins, und seine Partnerin Katrin Liebler sorgen für ihre Gäste und werden, wie Liebler erklärt, auch ein „umfangreiches Weihnachtsfest“ mit ihnen feiern. Ob der größte Wunsch von Vincent Kagabo allerdings erfüllt werden kann, ist noch offen: „Ich will zum ersten Mal in meinem Leben Schnee sehen, bevor wir im Februar nach Hause zurückkehren.“

Verein als Hilfsunternehmen

Sechs Projekte haben die Friends of Ruanda in dem mittelafrikanischen Land in Kooperation mit Partnerorganisationen aktuell am Laufen. Neben der Hotel- und Gastronomiefachschule treiben sie auch ein Kompetenzzentrum für kleine und mittlere Unternehmen sowie ein Straßenkinderzentrum um. Außerdem organisiert der Verein Patenschaften für Kinder und Jugendliche, vermittelt Volunteers an den Freiwilligendienst Weltwärts und richtet Ausbildungsplätze bei örtlichen Handwerkern ein, etwa im Bereich Solarenergie.

Die Friends of Ruanda, die sich erst im Jahr 2006 gegründet haben, zählen zurzeit 52 Mitglieder. Der Verein, der längst ein Hilfsunternehmen ist, arbeitet rein ehrenamtlich und ist deshalb auf Zuschüsse und Spenden angewiesen. Ausführliche Projekt-Informationen und alle Kontaktdaten sind im Internet (www.friends-of-ruanda.org) zu finden.