Die gut 450 Ticketgeräte an den Haltestellen der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) sollen trotz steigender Online-Verkäufe ersetzt werden. Voraussetzung: Ein Hersteller bietet den Ersatz zu erschwinglichen Preisen an.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Ticketautomaten der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) sind in die Jahre gekommen. Die Mehrzahl der größtenteils orangefarbenen Geräte an den Haltestellen hat mittlerweile mehr als 20 Jahre auf dem Buckel. Die städtische Nahverkehrsgesellschaft sucht nun europaweit nach Herstellern, die eine neue Generation der aufwendigen Verkaufsapparate liefern können.

 

450 Apparate an 830 Haltestellen

In einer ersten Tranche wollen die SSB 390 Automaten anschaffen. Die Ausschreibung sieht aber auch eine Option vor, den Auftrag um weitere 60 Stück zu erweitern. Die in Summe dann 450 Anlagen würden ziemlich genau dem Status quo entsprechen. „Zur Zeit gibt es im SSB-Netz für Stadtbahn und Bus zirka 450 Ticketautomaten“, erklärt SSB-Sprecher Hans-Joachim Knupfer. Ende 2016 zählte das vom stadteigenen Nahverkehrsunternehmen betriebene Netz 830 Haltestellen, die von Bussen, Stadt-, Zahnrad- und Seilbahnen angefahren werden.

Der Automatenpark ist heterogen. Wie alt die Anlagen sind, lässt sich laut Knupfer nicht so einfach sagen. Die Mehrzahl stamme aus dem Jahr 1995. Eine kleinere Charge wurde im Jahr 2001 ausgetauscht, als die Maschinen für den damals neuen Euro fit gemacht werden mussten. Ob nun 22 Jahre alt oder „nur“ 16 Jahre: „Die Automaten haben ihre wirtschaftliche Nutzungsdauer erreicht“, sagt Knupfer. Die Ersatzteilbeschaffung gestalte sich mitunter kompliziert.

Kartenkauf für Gelegenheitsnutzer nicht einfach

Die aktuellen Automaten stellen vor allem für Gelegenheitsnutzer oder Fahrgäste von außerhalb nicht selten eine Herausforderung dar. Aus einer langen Liste von Haltestellennamen muss das eigene Ziel ermittelt und dann die Fahrkarte anhand einer der Haltestelle zugeordneten dreistelligen Ziffer gekauft werden. Das Prozedere kann abgekürzt werden, wenn der Fahrgast weiß, wie viele Tarifzonen er durchfährt.

Was die neuen Geräte können müssen und welche Funktionen gegebenenfalls neu dazu kommen, dazu will der Sprecher noch nichts sagen. „Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen können wir bis zum Abschluss des Ausschreibungsverfahrens keine Auskunft zu den künftigen Automaten geben“.

Angebote werden bis 2018 gesichtet

Der Kreis potenzieller Auftragnehmer sei nicht besonders groß. Die können nun bis 30. Oktober ihr grundsätzliches Interesse bekunden oder auch gleich ein Angebot abgeben. Entscheidend für die Auftragserteilung ist aber nicht allein der vom Anbieter aufgerufene Preis. Zu den Kriterien, nach denen entschieden wird, zählt unter anderem auch die Frage, wie lange etwa ein Techniker des Herstellers braucht, um in Stuttgart vor Ort sein zu können. Zudem wollen die SSB wissen, wohin die Interessenten zuletzt Fahrkartenautomaten geliefert haben. Damit sollen fünf Bewerber ausgesiebt werden. „Das Verfahren könnte Mitte 2018 abgeschlossen sein“, erklärt Knupfer.

Ehe es zu einer Auftragsvergabe kommt, müssen sich die zuständigen SSB-Gremien auch noch einigen. Dabei geht es vor allem ums Geld. Die Vergabe steht unter einem so genannten „Gesamtfinanzierungsvorbehalt“. Im Klartext: Wenn die abgegebenen Angebote das Budget des Nahverkehrsunternehmens sprengen, werden vorerst keine neuen Ticketautomaten geordert. Im Geschäftsjahr 2016 bildeten die Automaten immer noch das Rückgrat der Ticketverkäufe. Mehr als jeder zweite Fahrschein wurde auf diesem Weg verkauft. Allerdings schwindet die Bedeutung dieses Vertriebsweges immer rasanter. Im Jahr 2010 etwa wurden noch mehr als 70 Prozent aller Tickets an den Apparaten gekauft. Damals tauchten Verkaufszahlen für Online- oder Handyticktes noch gar nicht im Geschäftsbericht der SSB auf. Sechs Jahre später hat sich das Bild deutlich gewandelt. An den Automaten wurden noch 58,5 Prozent der Fahrscheine gelöst. Das Handy- oder das Onlineticket kommt immerhin schon auf einen Anteil von 16,7 Prozent. Damit kauften erstmals mehr Passagiere ihre Fahrscheine online oder über das Smartphone als beim SSB-Personal.

Handytickets werden immer beliebter

Das Ende des Automatenzeitalters will man beim städtischen Nahverkehrsunternehmen aber deswegen noch nicht einläuten. „Die Automaten werden auch weiterhin eine wichtige Säule der Vertriebswege bilden, zumindest für absehbare Zeit“, sagt Hans-Joachim Knupfer.