New York baut seine Fahrradoffensive mit einem Leihsystem massiv aus. Vom 27. Mai an stehen an Hunderten von Stationen in Manhattan und Brooklyn Fahrräder für jedermann bereit. Das finden nicht alle Bürger gut.

New York - Mehr als ein Jahr hat es gedauert, bis das Leihradnetzwerk der Stadt New York startklar war. Zuerst mussten die Räder selbst optimal ausgestattet werden, dann die Bezahlsoftware, immer wieder gab es einen Grund zum Aufschub. Doch in wenigen Tagen ist es endlich so weit: Überall in Manhattan und Brooklyn stehen Hunderte von Bike-Stationen bereit, an denen sich jedermann von Montag an für eine Stunde, einen Tag oder eine ganze Woche eines jener bequemen, himmelblauen Stadträder mieten kann.

 

Das Bike-Share-Programm ist ein Meilenstein in der Fahrradoffensive des Bürgermeisters Michael Bloomberg, der seit Beginn seiner Amtszeit Hunderte von Kilometern an Fahrradwegen angelegt undU-Bahn-Stationen mit Fahrradständern ausgestattet hat. Die Mehrheit der New Yorker nimmt das an – etwa eine halbe Million radelt mittlerweile täglich zur Arbeit, die Fahrradwege entlang des Hudson und über die Brücken nach Brooklyn sind mit Rädern schon beinahe gefährlich überfüllt. 66 Prozent hielten bei einer Umfrage das Bike-Share-Programm für eine gute Idee.

Verschandeln die Radler das Stadtbild?

Und doch gibt es noch immer eine lautstarke Minderheit, die sich vehement gegen die immer stärkere Verbreitung von Fahrrädern auf Manhattans Straßen wehrt. Seit Ende April die ersten Stationen mit den blauen Leihrädern aufgestellt wurden, wächst unter ihnen beständig der Zorn. So fanden in mehreren Wohngebieten von Brooklyn Bürgerversammlungen statt, bei denen den anwesenden Stadtvertretern teilweise die blanke Wut entgegenschlug. Die einen argumentierten, die Andockstationen verschandelten historische Bezirke. Die anderen klagten, Radfahrer würden den Autoverkehr massiv behindern. Ein Bürger verglich die Regierung von Bloomberg mit den Taliban.

Im idyllischen Greenwich Village ging ein Restaurant-Besitzer, vor dessen Laden eine Station aufgestellt werden sollte, in den Sitzstreik. Die Bewohner eines Hauses in der Bank Street reichten sogar eine Klage ein. Bei Fort Greene in Brooklyn protestierten Anwohner dagegen, dass der Sponsor des „Citibike“-Programms, Citibank, kostenlos in ihrer Nachbarschaft werben darf.

In London hat es am Ende auch geklappt

Die Stadt New York ist derartiges schon gewohnt. Schon seit man in Manhattan damit anfing, im Straßenverkehr mehr Raum für Radler zu schaffen, gibt es Widerstand. Erst vor zwei Jahren eskalierte der Kampf gegen die Radler bei einer Auseinandersetzung um eine Fahrradspur durch die vornehme Wohngegend am Südrand des Brooklyner Prospect Park. Monatelang protestierten die Anwohner gegen den Fahrradweg, bevor sie schließlich murrend nachgeben mussten.

Bei einem ähnlichen Streit um eine Fahrradspur auf der viel befahrenen 34. Straße war es jedoch die Stadt, die den Kürzeren zog. Die Kampagnen der New Yorker Boulevardpresse und die lautstarken Klagen der Geschäfte an der 34sten zwangen die streitbare Verkehrsdezernentin Jeannette Sadik Khan dazu, ihre Pläne zur Verkehrsberuhigung auf Eis zu legen. Was die Akzeptanz des Leihprogramms angeht, zeigt sich Sadik Khan jedoch gelassen. Vor Kurzem ist sie nach London gereist, um mit ihrem Kollegen über dessen Erfahrungen mit dem dortigen Leihsystem zu reden. Auch die Londoner hatten zunächst geklagt. „Nach einem halben Jahr hören die Proteste auf“, hatte der Kollege versichert. „Danach lieben sie dich.“