Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club hat die Städte untersucht. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Strohgäu - Soll die Einkaufsstraße für den Autoverkehr gesperrt werden? Wenn man den Radverkehr in Ditzingen voranbringen will, müsse man auch darüber nachdenken, sagt Andreas Eifert. Er vertritt den Ortsverband Strohgäu des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Eifert geht aber davon aus, dass die Sperrung der Markt- und Münchinger Straße in absehbarer Zeit nicht mehrheitsfähig ist. „Es fehlt an Mut“, sagt er und fordert ein Radverkehrskonzept für die Stadt.

 

Beim bundesweiten Fahrradklima-Test des ADFC hat Ditzingen mit der Note 4,0 abgeschossen, Korntal-Münchingen mit 3,8. Gerlingen kam nicht in die Wertung, weil sich weniger als 50 Radler beteiligte hatten. Hemmingen wurde nicht bewertet, weil nur Städte beurteilt wurden. „In Ditzingen hat sich nichts wesentlich geändert“ sagt Eifert mit Blick auf den Test 2014, der die Zufriedenheit der Radfahrer abfragte. Vaihingen/ Enz schloss mit 4,4 ab, Besigheim mit 3,9, Bietigheim Bissingen mit 3,2 „Keine Kommune des Kreises ist unter den Top zehn, was aber möglich wäre“, sagt Kathleen Lumma, die ADFC-Landesgeschäftsführerin. Sie hat vor allem die kleinen Kommunen im Blick, die vergleichsweise schlecht abschneiden. Ein Grund dafür ist, dass diese nicht im selben Maße von der finanziellen Förderung des Landes profitieren können: Ein Beispiel: eine kleine Kommune komme kaum in die Situation, eine große Kreuzung umzubauen, dazu einen separaten, vom Land geförderten Radweg anzulegen, sagt sie. Die Landesförderung müsse detaillierter werden, um auf alle Kommunen zugeschnitten zu sein.

Radfahrer sind für den Handel interessant

Kathleen Lumma bestätigt Eifert in seiner Einschätzung, dass es eines mutigen Schrittes bedürfe. Sie hält die Umverteilung der Straßenflächen zu Gunsten des Radverkehrs für richtig, da wo es möglich ist. Beispiele aus anderen Orten zeigten, dass eben nicht die Laufkundschaft ausbleibe, wenn die Innenstädte für Autos gesperrt würden, sondern die örtlichen Händler mehr Umsatz machten: „Wer mit dem Rad unterwegs ist, kauft regional“, sagt Lumma. Und man bliebe eher stehen, um einen Blick in die Schaufenster zu werfen, weil man nicht so schnell fahre.

Lumma und Eifert geht es nicht nur darum, eine Lanze für das Fahrradfahren zu brechen. Sie wollen alle Verkehrsteilnehmer zusammenbringen, um den Verkehrskollaps in der Region Stuttgart zu vermeiden: Dazu sei auch die Politik gefordert „Es kann nicht mehr lange gutgehen“, ist sich Eifert sicher. Es gehe darum, die Verkehrsflächen umzuverteilen, dabei abzuwägen, wo welches Verkehrsmittel Vorrang habe. „Das muss man sachlich machen, man sollte sich nicht ankeifen“, sagt Lumma.

Dass man sein Kleinkind nicht unbedingt über eine viel befahrene Hauptverkehrsstraße mit dem Fahrrad in die Kita oder in die Grundschule fahre, schon gar nicht das Kind selbst fahren lasse, sondern lieber das Auto nutze, kann Lumma nachvollziehen. Wolle man aber die Elterntaxen einschränken, müsse man solche Wege sicherer für Räder machen. Auch der Autoverkehr profitiere von der Umverteilung: auf Straßen, auf denen nur Autofahrer seien, fließe der Wirtschaftsverkehr.

Ditzingen ist ausreichend

Dass Ditzingen sowohl 2014 als auch aktuell jeweils nur mit einer Vier bewertet wurde, lässt einerseits den Schluss zu, dass sich nichts Wesentliches geändert habe. Andererseits steigen mit der Optimierung die Erwartungen der Fahrradfahrer, weiß Lumma: „Die Leute werden anspruchsvoller. Sie wollen die kleinen Schritte, die eine Kommune geht, nicht gehen.“ Frühere Siegerstädte hätten massiv verloren oder seien geblieben. Der Fahrradklimatest basiere auf „subjektiven Bewertungen derer, die mit der Radinfrastruktur leben“.