Die erste europaweite Ausschreibung bleibt ohne Angebot, die zweite fällt im Gemeinderat durch – die Zukunft der Leihräder und -pedelecs ist offen. Nun soll der Unterausschuss Mobilität sich im September mit den Details und dem weiteren Vorgehen befassen.

Stuttgart - In der letzten Sitzung vor der Sommerpause haben die Stadträte das Verfahren für ein neues Fahrradverleihsystem in Stuttgart und der Region gestoppt. In nichtöffentlicher Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik übten sie auch teilweise scharfe Kritik am Vorgehen der Verantwortlichen Michael Münter und Ralf Maier-Geißer aus dem Referat von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Nun soll der Unterausschuss Mobilität sich im September mit den Details und dem weiteren Vorgehen befassen – dabei geht es vor allem um die Höhe des städtischen Zuschusses und die Serviceleistungen. Damit gerät der Zeitplan für das neue interkommunale Verleihsystem in Gefahr. Am 1. Mai 2017 sollte es in Stuttgart starten. „Das wird nun schwierig“, sagt Maier-Geißer.

 

In der Debatte bemängelten die Stadträte vor allem, dass es laut neuer Ausschreibung einerseits statt zwei- nur noch einmal 30 Freiminuten pro Tag bei der Ausleihe der Räder geben sollte, andererseits höhere Einnahmen des Betreibers bei der Werbung und durch eine Verdoppelung des städtischen Zuschusses auf eine Million Euro in Aussicht gestellt würden. Weniger Leistung bei höherer Förderung – das wollten die Stadträten nicht einfach so billigen, zumal sie sich von Münter und Maier-Geißer unzureichend über das Projekt informiert sahen. So wurden sie offenbar davon überrascht, dass die europaweite Ausschreibung für das interkommunale Fahrradverleihsystem mit normalen und mit elektrisch angetriebenen Rädern in Stuttgart und rund 20 Kommunen der Region Anfang Juli mangelns Angebot aufgehoben werden musste. Eine zweite Ausschreibung sollte im August gestartet werden. Doch dazu kommt es nach der Notbremsung der Stadträte nicht mehr.

Nextbike und Call-a-bike sind nicht kompatibel

Die Ausgangssituation ist einigermaßen kompliziert. In der Stadt Stuttgart ist seit 2007 die Bahntochter Call-a-Bike aktiv, der Vertrag läuft bis Ende 2016. Zugleich gibt es in mehr als einem Dutzend Kommunen in der Region E-Bike-Stationen, die im Rahmen des Landesförderprogramms Namoreg (Nachhaltig mobile Region Stuttgart) aufgebaut wurden und an denen nur elektrisch angetriebene Räder ausgeliehen werden können. Betreiber ist Nextbike.

Beide Systeme sind technisch nicht kompatibel, was angesichts der verkehrspolitischen Ziele von Stadt und Region zu der unbefriedigenden Situation führt, dass die in Stuttgart ausgeliehenen Call-a-Bike Elektroräder in den Nextbikestationen in der Region nicht abgestellt und aufgeladen werden können – und umgekehrt. Auch der Verleih normaler Räder sollte über die Stadtgrenzen erweitert werden. Deshalb haben sich die Verantwortlichen entschieden, ein gemeinsam nutzbareres System für Räder und Pedelecs aufzubauen – in der Stadt Stuttgart soll der neue Anbieter im Mai 2017 starten, die Namoreg-Kommunen sollen im Januar 2018 dazukommen, weitere 40 Gemeinden können sich später dem interkommunalen Verleihsystem RegioRadStuttgart anschließen.

Doch schon auf den ersten Metern hat das im Stuttgarter Rathaus gesteuerte Projekt einen veritablen Platten. Die im Frühjahr gestartete europaweite Ausschreibung, in der die finanziellen, organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen definiert wurden, stieß bei den Unternehmen auf Kritik. Tenor: für den von der Stadt in Aussicht gestellten Zuschuss seien die von der Stadt geforderten Leistungen nicht zu erbringen. Obwohl die Abgabefrist verlängert worden war, gab es bis Anfang Juli „keine wertbaren Angebote“, bestätigt Maier-Geißer. Daraufhin führte er sogenannte Markterkundungsgespräche, deren Erkenntnisse nun in die zweite Ausschreibung einfließen sollten, bei der die Stadt auf jeden Fall Angebote von Call-a-Bike und Nextbike erwartete, die auch beide Interesse bekunden.

Wann nun ausgeschrieben wird, ist offen. Sicher ist nur, dass die Zeit knapp wird, zumal wenn ein neuer Anbieter den Zuschlag erhalten sollte. Dass die Stadt wegen der Verzögerung im Mai 2017 ganz ohne Leihräder dasteht, wird nicht erwartet: Dann müsse die Stadt mit der Bahn eben eine Verlängerung des bestehenden Kontrakts aushandeln.