Die Meinungsforscher haben mit ihrer Prognose ziemlich daneben gelegen. Dass die Hamburger Olympia nicht wollten, das hatte niemand auf dem Schirm.

Stuttgart - Die Enttäuschung über die Absage der Hamburger an Olympia fällt wohl auch deshalb so groß aus, weil eine aktuelle Umfrage noch am Sonntagabend ein anderes Bild gezeichnet hat. Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen veröffentlichte nach Schließung der Wahllokale die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, die sie im Auftrag des ZDF am Sonntag mit 3800 Hamburger Bürgern am Telefon geführt hatte. Die Auswertung ergab einen klaren Sieg der Olympiabefürworter mit einer Mehrheit von 56 Prozent. Das lag fast acht Prozent über dem tatsächlichen Ergebnis von 48,4 Prozent für die Olympia-Freunde. Spiegelbildlich lag die Prognose für die Gegner der Sportspiele genauso daneben. Einkalkuliert war von den Forschern nur ein Fehlerbereich von plus beziehungsweise minus zwei Prozent.

 

Matthias Jung, Vorstandsmitglied bei der Forschungsgruppe Wahlen, räumt im Gespräch mit der StZ die Panne unumwunden ein. „Wir rätseln noch, wie das passieren konnte und warum es nicht funktioniert hat. Diese Sonntagsumfrage war ein Experiment, das wir so nicht wiederholen werden.“ Der Wahlforscher sagt, dass sein Institut bisher keine Erfahrungen mit Ein-Tages-Umfragen habe, normalerweise finden telefonische Umfragen etwa für das ZDF-Politbarometer an drei Tagen statt.

Bei der Umfrage zur Bügerschaftswahl lag man richtig

Zu dem besagten Instrument haben die Mannheimer Wahlforscher deshalb gegriffen, weil die sonst üblichen Exit Polls – also die Befragung direkt am Wahllokal am Sonntag – wegen des „extrem hohen Briefwahlaufkommens“ als nicht zweckmäßig erschien. Deshalb entschieden sich die Mannheimer für die Umfrage in der Zeit zwischen 11 und 17 Uhr am Sonntag, die Auswahl der Telefonnummern erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Nur eine Mutmaßung äußert Jung über die hohe Abweichung: Man habe offenbar nicht die vielen Hamburger „erfasst“, die sich tatsächlich am Sonntag in der Stadt bewegten. „Tatsache ist, wir haben es nicht hingekriegt und werden das so nicht wiederholen.“ Ansonsten haben die Kurzpfälzer Wahlforscher mit Hamburg keinerlei Probleme. Vor der Hamburger Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 hätten sie am Mittwoch und Donnerstag vor dem Wahlsonntag eine Telefonumfrage durchgeführt, die maximale Abweichung habe bei einer Partei bei 1,4 Prozent gelegen, sagt Matthias Jung.

Die Abweichung von fast acht Prozent hat in der Branche der Meinungsforscher Erstaunen ausgelöst. Die Forschungsgruppe Wahlen, gegründet 1974, gilt als renommiertes Institut. Aber andere Prognosen lagen auch daneben. So hatte das Forsa-Institut Mitte November von einer Zustimmungsrate von 56 Prozent für Olympia berichtet. Offenbar wegen der Korruptionsaffäre um Fifa und DFB war die Zustimmung im Sinkflug, sie lag laut Forsa im September noch bei 63 Prozent. Die jüngste Forsa-Erhebung wurde vor den Pariser Anschlägen geführt, die den Wunsch nach Olympia erneut gedämpft haben könnten. Forsa-Chef Manfred Güllner sagte, es sei ein Problem von Telefonumfragen, dass die Leute nicht genau sagten, ob sie zur Wahl gehen oder nicht. Exit-Polls seien präziser, da man nur Wähler befrage. „Wir hatten auch mal mit einer Sonntagstelefonumfrage experimentiert. Sie ist mit Unsicherheiten belastet, vermutlich ist das Raster zu grob.“