Region: Verena Mayer (ena)


Wasser auf die Mühlen der Konservativen?
Andrea Fuchs Na ja, da kann man dann gegenfragen, wie viele Buben es gibt, deren Väter nie daheim sind. Und die nur Erzieherinnen im Kindergarten haben und nur Lehrerinnen in der Grundschule. Wir haben den glücklichen Fall, dass in unserem Kindergarten auch zwei Erzieher arbeiten. Und für Paul haben wir extra zwei Patenonkel ausgesucht. Außerdem kann er seinen Vater ja kennenlernen, wenn er älter ist. Wir sprechen mit unserem Sohn offen über seine Entstehung und reden ihm auch die Sehnsucht nach einem Vater nicht aus.
Traudl Fuchs Es war schon immer ein bisschen meine Angst, wie die Kinder damit umgehen, dass sie zwei Mütter haben. Aber inzwischen denke ich, wenn man sie schrittweise damit vertraut macht und ihre Fragen beantwortet, dann kommen sie gut damit klar. Dann macht sie das auch stark.

Werden Sie schief angeschaut, wenn Sie mit Ihren Enkeln durch den Ort gehen?
Rudolf Fuchs Manchmal stutzen noch Leute. Da merkt man: Die überlegen jetzt, wie wir zu den Enkeln gekommen sind. Ob wir vielleicht noch eine Tochter haben oder einen Sohn. Und wenn sie dann nachfragen, dann erklärt man halt, wie es ist.
Traudl Fuchs So war das auch, als sich Andrea und Christine verpartnert haben. Da wurden wir von manchen Leuten eingeladen. Die wollten das verstehen.

Ist der Rest Ihrer Verwandtschaft auch so offen wie Sie inzwischen?
Traudl Fuchs Mein Bruder, der 17 Jahre älter ist als ich, hat anfangs sehr zurückhaltend reagiert. Er sagte: „Man muss nicht homosexuell sein. Das geht vom Kopf aus, das kann man steuern.“ Inzwischen sieht er das nicht mehr so. Und mein Schwager, der eigentlich sehr konservativ ist, hat bei der Hochzeit geheult und gesagt: „Dass ihr euch so hinter euer Kind stellt, Hut ab!“ Da war ich wirklich positiv überrascht.
Andrea Fuchs Meine Frau hat das Gespräch mit ihrer Oma lange vor sich hergeschoben. Als die Hochzeit näher rückte, hat sie sich dann ein Herz gefasst. Doch die Oma hat nur gesagt: „Das weiß ich doch schon lange.“ Da haben wir gestaunt.

Abgesehen von den Diskussionen wegen der Segnung in der Kirche haben Sie keine schlechten Erfahrungen mit der Homosexualität Ihrer Tochter gemacht. Fragen Sie sich manchmal noch, warum Sie anfangs so verzweifelt waren?
Rudolf Fuchs Das Problem damals war, die Situation zu verstehen und zu bewältigen. Ich musste mich damit abfinden, dass meine Tochter nicht anders wird, selbst wenn ich mich auf den Kopf stelle.
Traudl Fuchs Es gibt heute leider immer noch Eltern, die ihre Kinder verstoßen. Das ist schade, weil man sich echt was verbaut. Es ist ein großer Schritt, etwas zu akzeptieren, das man nicht ändern kann. Aber uns hat er bereichert und zu mehr Weitsicht verholfen. Wir hätten viele interessante Leute nicht kennengelernt, wenn wir nicht in die Elterngruppe gegangen wären. Wenn jeder nach außen geht und klar ist, man kann es nicht ändern, dann wird es vielleicht immer einfacher. Und irgendwann einmal hoffentlich Normalität.