Im Prozess gegen den 83-jährigen Landwirt, der im vergangenen Jahr in Löchgau seinen Sohn erschossen hat, hat das Landgericht den Angeklagten zu einer Haftstrafe von vier Jahren wegen eines minderschweren Falls von Totschlag verurteilt.

Löchgau - Wegen Totschlags in einem minderschweren Fall hat das Heilbronner Landgericht am Dienstag einen 83-Jährigen aus Löchgau zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Senior hatte bereits beim Prozessauftakt Anfang des Monats zugegeben, am Pfingstmontag des vorigen Jahres seinen Sohn auf dem Hof der Familie erschossen zu haben. Weil der Haftbefehl gegen ihn aber außer Kraft gesetzt ist, bleibt er zunächst auf freiem Fuß.

 

Trotz des Geständnisses war die Urteilsfindung für das Gericht nicht einfach. Entsprechend ausführlich fiel die Urteilsbegründung aus. „Wir können und wollen vor der Urteilsfindung nicht weglaufen, auch wenn sie nicht leichtfällt“, sagte der Vorsitzende Richter. Die Kammer legitimierte das Urteil vor allem mit der schwierigen Vorgeschichte zwischen dem Angeklagten und seinem Sohn. Es handle sich um einen Grenzfall, sagte Roland Kleinschroth. „Wir reden gerade noch von einem minderschweren Totschlag.“ Es sei aber in der Vergangenheit zwischen den Parteien zu viel passiert, als dass die Tat vom normalen Strafrahmen für Totschlag zu erfassen sei.

Konfliktträchtige Vorgeschichte

Für den Angeklagten habe neben der konfliktträchtigen Vorgeschichte vor allem das Geständnis und die Einsicht gesprochen, dass die Tat unrecht war. Jedoch sei die Tat auch sehr nahe an Heimtücke anzusiedeln – einem Mordmerkmal. „Es fällt uns nicht leicht, einen Mann wie Sie ins Gefängnis zu bringen“, sagte Kleinschroth.

Dem 83-Jährigen war vorgeworfen worden, im vergangenen Jahr seinen Sohn mit einem Repetiergewehr erschossen zu haben. Viermal soll er aus dem Gewehr gefeuert haben, für das er keinen Waffenschein besaß. Zweimal davon aus nächster Nähe.

An den Verhandlungstagen wurden zahlreiche Konflikte zwischen dem späteren Opfer und seiner Familie thematisiert. So zeichneten sowohl die Mutter des Getöteten wie auch seine beiden Söhne sowie die Schwester das Bild eines schwierigen, exzentrischen Menschen, der seine Familie provoziert und tyrannisiert habe. Hinzu kamen juristische Auseinandersetzungen innerhalb der Familie. Ein Teil des Konfliktes war auch der Hof in Löchgau. Anfang der 1990er Jahre hatten ihn die Eltern auf den Sohn überschrieben, im Jahr 2009 erwirkten sie aber eine Rückübertragung – weil der Hof zunehmend verwahrlost gewesen sein soll.

Keine verminderte Schuldfähigkeit

Mit ihrem Strafmaß blieben die Heilbronner Richter unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft, die auf fünf Jahre Haft plädiert hatte. Die Staatsanwältin sprach davon, dass der Hof das Lebenswerk des Angeklagten und seiner Frau gewesen sei. Als der Sohn das Anwesen heruntergewirtschaftet habe, hätten sie ihr Werk und ihre Altersvorsorge bedroht gesehen. An jenem Pfingstabend habe der Angeklagte schließlich keine andere Lösung mehr gesehen. Eine verminderte Schuldfähigkeit sei nicht festzustellen.

Der Anwalt der Nebenklage, der die Tochter des Opfers vertritt, sprach von einem „Akt der Selbstjustiz“ und nannte den Vorfall des vergangenen Jahres eine „Hinrichtung“. Der Verteidiger des 83-Jährigen hatte indes eine Bewährungsstrafe beantragt, schließlich könne bei seinem Mandanten jede Haft eine lebenslängliche Strafe bedeuten. Außerdem sprach der Verteidiger von einer Notwehrsituation, in der sich der Vater an jenem Abend im vorigen Juni befunden habe.

Dieser Meinung folgte die Kammer in ihrem Urteil nicht. Man erkenne keinen Fall von Notwehr, sagte der Vorsitzende Richter. Der Angeklagte habe in voller Steuerungs- und Schuldfähigkeit gehandelt. Zudem habe er sich mit seiner Tat zum Herrn über Leben und Tod aufgespielt. „Das können wir nicht zulassen.“