Fansprecher Jan-Henrik Gruszecki fürchtet Langeweile in der Champions League und sieht die Kommerzialisierung kritisch. Die Großen da oben und die Kleinen da unten, das zerstöre die Fußballkultur, sagt er im Interview.

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart - Vielen Fußballfans ist die Kommerzialisierung ein Dorn im Auge – allen voran in der Champions League. Vor dem Start der Königsklasse befürchtet der Fansprecher Jan-Henrik Gruszeckieine Gruppenphase ohne Spannung und eine Abkopplung von der Basis.

 
Herr Gruszecki, die Champions League startet in die neue Saison – welche Gefühle haben Sie als Fan, wenn Sie die Hymne der Königsklasse zum ersten Mal wieder hören?
Sehr gemischte. Einerseits wünscht sich jeder Fan im größten europäischen Wettbewerb den Erfolg seines Clubs, und allein deshalb kribbelt es wieder. Andererseits wird die Königsklasse mehr und mehr zu einem gewachsenen Kunstprodukt, in dem eine Monokultur herrscht.
Sie spielen darauf an, dass die reichen Clubs immer reicher und die armen immer ärmer werden – erst recht, nachdem feststeht, dass von der übernächsten Saison an mehr als 100 Millionen Euro in der Königsklasse an die Clubs fließen.
Ja. Diese Entwicklung wird nach der neuesten Reform noch weiter so voranschreiten. Die Clubs aus den großen Fußballnationen sind dank der vier garantierten Startplätze künftig noch mehr unter sich – die Vormachtstellung großer Vereine wie Bayern München oder Real Madrid wird dadurch zementiert. Es herrscht eine geschlossene Gesellschaft.
Laut dem Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge, der auch der europäischen Club-Vereinigung vorsteht, bekommen aber auch die Kleinen nach der Reform mehr Geld.
Das ist doch Heuchelei. Schauen Sie – der FC Bayern oder der FC Barcelona bekommen künftig fünf Sahnetorten mehr, die Kleinen dagegen nur ein paar Krümel. Die Schere geht noch weiter auseinander. Sepp Herberger (ehemaliger Bundestrainer, Anm. d. Red.) hat einmal gesagt, dass die Leute deshalb ins Stadion gehen, weil sie nicht wissen, wie das Spiel ausgeht – das gilt für die Königsklasse in der Gruppenphase oft nicht mehr. Es wird oft Langeweile herrschen.