Bezirksvorsteher Gerhard Hanus musste seinen Amtssitz räumen. Bis Aschermittwoch sind in Zuffenhausen nun die Narren an der Macht.

Zuffenhausen - Die Narren vor dem Bezirksrathaus werden langsam ungeduldig. „Wir wollen den Schlüssel und die weiße Fahne sehen“, skandieren sie lautstark am Samstagnachmittag, während die First-Guggen-Band zum Sturm auf den Amtssitz von Vorsteher Gerhard Hanus bläst. Noch lässt sich der Zuffenhäuser Schultes freilich nicht beeindrucken. Flankiert von zwei Mitgliedern der Rathausgarde und einigen Bezirksbeiräten wehrt er jedwedes Ansinnen der Karnevalisten ab. „Ja glaubt ihr denn, vor euch ist mir Bange, da könnt ihr warten, und zwar sehr lange“, lässt er das Narrenvolk wissen. Die Antwort von Andreas Goihl vom Karnevalsclub Stuttgarter Rössle lässt nicht lange auf sich warten: „Der Bürgerwille scheint euch egal, von euch regiert zu werden, das ist eine Qual.“

 

Zusammen mit der Karnevalgesellschaft Blau-Weiss Stuttgart bildet das Stuttgarter Rössle die Interessengemeinschaft Zuffenhäuser Fasnet, zum zehnten Mal wird in diesem Jahr das Rathaus gestürmt. Mit insgesamt zehn teilnehmenden Zünften wird heuer ein neuer Rekord erreicht. Die meisten kommen aus Stuttgart, doch es sind auch Narren aus Ditzingen und Markgröningen mit dabei. „Schultes, rück’ den Schlüssel raus“, rufen sie gemeinsam, langsam scheint sich auf dem Balkon des Bezirksrathauses eine gewisse Unsicherheit breitzumachen. Doch einen Trumpf haben Hanus und seine Mannen noch in petto: „Hier ein paar Süßigkeiten, dann müsst ihr geh’n, los geht nach Hause, ich will euch nicht mehr seh’n“, ruft der Schultes und lässt Popcorn, Bonbons und andere Leckerli aufs Volk herabregnen. Dieses lässt sich allerdings nicht beruhigen, ganz im Gegenteil: Nun haben die Narren genug, eine Abordnung verschafft sich Zugang zum Rathaus und schließlich auch zu Amtsstube und Balkon. Kurz vor halb vier Uhr ist es dann so weit. Hanus schwenkt die weiße Fahne, während Sabine Paula I. von den Talkrabben den Rathausschlüssel entgegennimmt. Unter Narrengeleit muss Hanus seinen Amtssitz verlassen. Betreten hatte er ihn als Bezirksvorsteher, als einfacher Bürger steht er nun vor der Rathaustür.

„Seid lustig, fröhlich und feiert Fasching. Der Ärger kommt früh genug wieder“, ruft Andreas Goihl in die Menge, die sich langsam zerstreut. Am Aschermittwoch, so lauten nun mal die Gesetze der Fasnet, ist alles wieder vorbei – und aus dem Bürger Hanus wird wieder der Bezirksvorsteher.