Verhilft die FDP am Ende Grün-Rot zum Weiterregieren? Weil die Liberalen das derzeit nicht ausschließen, wird die CDU zusehends nervös. Doch eine „Ampel“ kann der FDP selbst gefährlich werden, wie die Vergangenheit zeigt.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es ist ein Szenario, das in CDU-Kreisen derzeit sorgenvoll erörtert wird. Was, wenn es nach der Landtagswahl – wie in der jüngsten ZDF-Umfrage – weder für Grün-Rot noch für Schwarz-Gelb reicht? Könnte die FDP der amtierenden Koalition dann womöglich zur Mehrheit verhelfen? Zuzutrauen sei es ihr allemal, fürchten nicht wenige Christdemokraten. Die Liberalen wollten schließlich unbedingt wieder mitregieren, und ihr Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sei ja „ganz wild aufs Wirtschaftsministerium.“

 

Rülke tut seinerseits wenig, um der CDU die Sorgen vor einer „Ampel“ zu nehmen. Danach gefragt, schloss er dieser Tage nichts aus: Eine Koalition werde man „mit dem oder den Partnern anstreben, mit denen möglichst viel an FDP-Politik umsetzbar ist“, antwortete er. Partnern, also Plural – das kann fast nur auf ein Dreierbündnis mit Grünen und SPD zielen. Die Lehre seines Landesvorsitzenden Michael Theurer aus der Wahl 2011, man dürfe sich nicht zu eng an die CDU ketten, hat der enge Vertraute von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus offenbar beherzigt.

Die FDP überspielte ihre eigene Schwäche

Auch die Landes-FDP lässt die CDU, die in ihr lange ein zu vernachlässigendes Anhängsel sah, genüsslich zappeln. Es werde „keine formelle Koalitionsaussage“ geben, „zu keinem Zeitpunkt“, bestätigt ein Parteisprecher. Beim Dreikönigsparteitag werde man „ein inhaltliches Angebot an alle für Koalitionen in Betracht kommenden Parteien“ machen, mehr nicht. Ein oder zwei Wochen vor dem Wahltermin am 13. März könnte man allerdings eine „Präferenz“ erklären, aufgrund von Inhalten und „strategischen Überlegungen.“ Dass sich die CDU davon nervös machen lässt, zeigt eher deren Schwäche als die Stärke der FDP. So zuversichtlich sich die Liberalen selbst geben, so sehr müssen sie laut allen Umfragen nach wie vor darum zittern, überhaupt wieder in den Landtag zu kommen. Da zeugt es von Chuzpe, dass sie sich bereits jetzt zum Zünglein an der Waage aufspielen. Clever ist es allemal: Die Kleinpartei wird so als eine Größe wahrgenommen, mit der zu rechnen ist.

Bei näherer Betrachtung erscheint die Ampel-Variante indes wenig wahrscheinlich. Gerade im Südwesten hat die FDP eine zutiefst bürgerliche Klientel, die ein Liebäugeln mit Roten und Grünen nicht goutieren dürfte. Schmerzlich musste die Partei das bei der Wahl 2001 erfahren: Eigentlich war sie guten Mutes, das Bündnis mit Erwin Teufels CDU gestärkt fortsetzen zu können. Doch kurz vor dem Wahltag kamen im Bund Ampel-Spekulationen auf, angefacht von der damaligen Generalsekretärin Cornelia Pieper. Im Land versuchte man das noch scherzhaft zu entkräften: In Frage komme ein solches Bündnis nur mit dem FDP-Vormann Walter Döring als Ministerpräsident. Doch die Quittung folgte prompt: die Liberalen sackten ab, statt dessen war Teufel gestärkt.

Kretschmann schweigt zur Ampel

Auch 15 Jahre später könnte ein Flirt mit grün-rot der FDP schlecht bekommen. Zwar gibt es „in der Opposition keine Koalition“, wie stets betont wird. Doch in den meisten Fragen marschierten die Liberalen an der Seite der CDU. Oft schoss man gemeinsam oder sogar noch schärfer als die Schwarzen gegen die Regierung – und ließ kein gutes Haar an Winfried Kretschmann und seiner Truppe. Da wäre es höchst erklärungsbedürftig, warum man fortan zusammen regieren wollte.

Kretschmann könnte der FDP also die kalte Schulter zeigen. Doch als der Ministerpräsident jüngst auf eine mögliche Ampel angesprochen wurde, zitierte er Teufel: Das sei eine „Frage zur Unzeit.“ Er kämpfe für die Fortsetzung von grün-rot und wolle nicht den Eindruck erwecken, „dass ich daran nicht mehr glaube.“ Es gehöre zum „kleinen Einmaleins von Wahlkämpfern“, sich nicht zu anderen Optionen zu äußern.

Der FDP dürfte das nur recht sein. So lange alles offen erscheint, kann sie sich weiter an ihrer möglichen Schlüsselrolle laben – und die CDU weiter zittern lassen.

Der Spitzenkandidat Rülke steht im Zentrum der Kampagne

Zum Auftakt ihrer Wahlkampagne stellt die FDP ihren Spitzenkandidaten, Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, in den Mittelpunkt. „Du kannst Rülke nicht ändern. Aber Rülke etwas im Land“, lautet der Slogan. Untertitel: „Freiheit ist immer unbequem.“ Dazu ist der FDP-Fraktionschef in den liberalen Farben – blau, gelb und neuerdings magenta – in vier Rednerposen zu sehen.

Der Pforzheimer sei ein „Original“ und der eigentliche Oppositionsführer im Landtag, lobte FDP-Landeschef Michael Theurer. Der Wahlkampf werde daher ganz auf ihn zugeschnitten; geplant seien aber auch Plakate zu inhaltlichen Themen. Bei der Enthüllung des ersten Motivs sagte Rülke, das Abschneiden der FDP hänge nicht nur von ihm ab: Er ziehe zwar „den Karren“, sei aber nur so stark wie die Partei insgesamt