Statt vor dem Bundestag in Berlin spricht er nun von der Kanzel: Der FDP-Mann Pascal Kober kam 2013 bei der Bundestagswahl nicht mehr ins Parlament, weil seine Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Also ging der evangelische Theologe als Militärseelsorger nach Stetten am kalten Markt im Landkreis Sigmaringen.

Stetten am kalten Markt - Die Zwischenrufe während seiner Reden sollten jetzt weniger werden als im Bundestag“, scherzte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), als sie Anfang des Jahres am Einführungsgottesdienst ihres ehemaligen Koalitionspartners in Stetten am kalten Markt teilnahm. Von der Leyen hält große Stücke auf den FDP-Mann aus dem Schwabenland. Sonst hätte sie Pascal Kober nicht kurz nach ihrer Vereidigung als Ministerin in der Alb-Kaserne angerufen. „Mir schwirrten tausend Dinge im Kopf herum. Er hat mir Gedanken auf den Weg gegeben, dass ich sicher wurde“, sagte sie während der Gottesdienstes.

 

Sicher war sich der evangelische Theologe auch vor zwei Jahren bei der Bundestagswahl. Dank seines vermeintlich sicheren Listenplatzes hatte er keine Zweifel, ein weiteres Mal für den Landkreis Reutlingen ins Parlament zu kommen. Daraus wurde nichts. Die FDP scheiterte bekanntlich an der Fünf-Prozent-Hürde.

Dass Kober vor Soldaten predigt, ist für ihn kein Zufall

Als beurlaubter Pfarrer musste sich Kober keine Sorgen um seine Zukunft machen. Er hatte Theologie studiert, predigte als Vikar in Stuttgart-Heslach und wurde anschließend Pfarrer im Schuldienst in Calw. Zu dieser Zeit gehörte der Geistliche bereits der FDP in Baden-Württemberg an. „Weil ich schon immer die Welt verbessern wollte“, wie er sagt. „Und weil ich alleine in der Kirchengemeinde nicht die Welt verbessern kann, bin ich in die Politik gegangen.“ Kobers Elternhaus hatte mit Theologie nicht viel am Hut. Vielmehr mit der Politik, die immer gegenwärtig war. Seine Mutter engagierte sich in der SPD. Dass ihr Sprössling sich der FDP zuwandte, ist der Autobiografie von Hildegard Hamm-Brücher („Freiheit ist mehr als ein Wort“) zu verdanken. Die Grande Dame der Freien Demokraten hat Kober in jungen Jahren „schwer beeindruckt“.

Dass Kober jetzt im Talar vor Soldaten predigt, sei kein Zufall. „Das ist Fügung“, sagt der 43-Jährige, der vor vier Jahren mit dem damaligen Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) in Afghanistan war. Es sprach seinerzeit als Mitglied des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe in Masar-al-Scharif mit Soldaten und Militärseelsorgern.

Hat er als Ungedienter heute keine Berührungsängste mit den Männern und Frauen in Uniform? „Nein“, sagt Kober, der inzwischen alle Dienstgrade und die Truppengattung anhand der Farbe des Baretts im Schlaf aufsagen kann. Auch wenn das vor Gott keine Rolle spiele. „Was ich früher als Politiker entschieden habe, möchte ich jetzt als Pfarrer begleiten.“ Für ihn sei es Verpflichtung als Christ, den Soldaten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Nächstes jahr kommt der erste Auslandseinsatz

Zusammen ist seinem katholischen Kollegen ist er für knapp 3000 Soldaten an den Standorten Stetten am kalten Markt und Pfullendorf zuständig. Auf dem Dienstplan stehen Gottesdienste im Feld und in der Kirche, die Seelsorge und lebenskundlicher Unterricht. Nächstes Jahr hat Kober seinen ersten Auslandseinsatz. Dann tauscht er den Talar gegen einen Flecktarnanzug ein. Auf den Schulterklappen ist anstelle des Dienstgradabzeichens ein Kreuz. „Wir gehören zum Herrn“ steht im Wappen in lateinischer Sprache: „Domini Sumus.“ Dort wird der Militärseelsorger vermutlich am eigenen Leib erleben, was es bedeutet, in einem der zahleichen Krisengebiete der Bundeswehr stationiert zu sein. „Die Einsatzbelastung, die monatelange Trennung von der Familie und den Freunden sind oft Themen, die bei der seelsorgerischen Arbeit angesprochen werden“, berichtet Kober.

Seit ein paar Monaten zieht Kober ab und zu die Reitstiefel an und schwingt sich auf ein Pferd. Nein, nicht an der Bundeswehrreitschule in Warendorf (Nordrhein-Westfalen), sondern im Haupt- und Landgestüt in Marbach (Kreis Reutlingen). Rein privat, wie er sagt. Kein Wunder. Seit knapp zwei Jahren ist er der Lebensgefährte von Landoberstallmeisterin Astrid von Velsen-Zerweck, der Chefin des ältesten deutschen Staatsgestüts. Marbach ist nicht weit weg von Reutlingen, wo sich Kober nach wie vor politisch engagiert.

Der 43-Jährige würde wieder für den Bundestag kandidieren

Außerdem ist er Mitglied im Bundesvorstand, stellvertretender Landesvorsitzender der FDP und Vorsitzender im Bezirk Neckar-Alb. Ob er 2017 wieder für den Bundestag kandidieren wird? Da muss er nicht lange nachdenken. „Ja, wenn mich die Partei aufstellt“, antwortet Kober.

Schafft es die FDP im zweiten Anlauf auf Bundesebene? „Natürlich, da bin ich mir ganz sicher. Die Wähler merken jetzt, dass was fehlt, wenn wir nicht im Parlament sind“, sagt Kober. Der Ex-Politiker macht keinen Hehl daraus, dass er gerne wieder nach Berlin gehen würde. Während der letzten Legislaturperiode war der Politiker der eifrigste Redner im Deutschen Bundestag. 140 Mal stand er am Rednerpult. So oft wie kein anderer Parlamentarier. Ob er so viele Einsätze auch am Altar haben wird? „Ich denke schon“, sagt der Geistliche mit einem Schmunzeln und verabschiedet sich zum Gelöbnisgottesdienst der Rekruten.